AIZ-Prozeß in Düsseldorf

BKA-Talkshow, Preview

Mal sitzt nur eine schwarzhaarige, unscheinbare junge Frau mit Ponyfrisur im Zuschauerraum, ganz hinten in der letzten Reihe, auf dem Stuhl direkt neben der Tür. Ein anderes Mal gibt sich ein Pärchen im Gerichtssaal die Ehre. Dann belegen sie in der 2. Reihe, links vom Gang, zwei der harten Stühle im Sondergerichtsgebäude in der Düsseldorfer Tannenstraße. Seit 14 Verhandlungstagen beobachten die Damen und Herren mit dem amtlichen Blick das AIZ-Verfahren gegen Bernhard Falk und Michael Steinau. Akribisch notieren sie Ereignisse und Vorgänge im Gerichtssaal, registrieren Zuschauerinteresse und nicht vorhandene Pressepräsenz, protokollieren Beweisanträge und Gerichtsbeschlüsse, beurteilen ZeugInnenverhalten und bekritteln schriftlich beamtete ZeugInnen. Die jungen Männer und Frauen, die sich hier im abgeschotteten Prozeßbunker des Oberlandesgerichts Düsseldorf ihre ersten beruflichen Sporen verdienen müssen, gehören zur Abteilung ST 11 des Bundeskriminalamtes in Mekkenheim bei Bonn.

Eigentlich sollten sie unauffällig agieren und protokollieren, so jedenfalls die Dienstanweisung. Um Auseinandersetzungen mit anderen ZuschauerInnen zu vermeiden, sollen sie sich nicht als BKA-BeamtInnen zu erkennen geben. Leider hat ihr Chef, der leitende Kriminaldirektor Dr. Fricke, ST 11-1, dabei nicht nur "vergessen", die Verteidigung von diesen amtlichen ProzeßbeobachterInnen zu unterrichten, was diese mit einem Beweisantrag vom 14. Januar öffentlich machten, sondern hat auch das Gericht nicht offiziell benachrichtigt. Und jetzt ist die amtliche Diskretion dahin. Denn seitdem der Prozeß gegen die beiden der Zugehörigkeit zu den Antiimperialistischen Zellen verdächtigen Angeklagten vor leeren Zuschauerreihen stattfindet, sitzen die BKA-Schreiberlinge auf dem Präsentierteller.

In einem Aktenvermerk soll der Referatsleiter von ST 11, Kriminaldirektor Engberding, sogar seine BeamtInnen darauf hingewiesen haben, daß der "Kontakt mit Kollegen" zu vermeiden sei, die als Zeugen vor Gericht gehört werden. Trotzdem drängt sich der Verdacht auf, daß sich hier eine Polizeibehörde Informationen aus dem Gerichtssaal besorgt, um ihre BeamtInnen, die später noch in Sachen AIZ aussagen müssen, besser vorbereiten zu können. Um Fehler der polizeilichen Beweiserhebung oder bei der Aktenführung aufzudecken, wären ein akribisches Aktenstudium und eine ordentliche Aktenführung weitaus effektiver als mitschreibende KommissarsanwärterInnen.

Vielleicht hat ja schon der Kriminalhauptkommissar Dietrich Urban von dieser protokollierenden "Supervision" profitiert. Der Auftritt des 29jährigen Karrierekriminalisten gewährt einen kleinen Ausblick darauf, was in Zukunft von aussagenden KriminalbeamtInnen zu erwarten ist. Auswendig kann Urban die kleinsten Details referieren. Zeugenaussage als Talkshow? Casting-Termine an der Fachhochschule des Bundes für die polizeiliche Anwärterausbildung?

Die Abteilung ST 11-4 unterwirft auch die Presse einer "prozeßbezogenen Auswertung", wobei in erster Linie die Reaktion "linksextremistischer Gruppierungen" von Interesse sind. Dabei sollen auch "mögliche Drohschreiben, Selbstbezichtigungen" miteinbezogen werden.