Kleine Presseschau zum Irak-Konflikt

Unsere Sache am Golf

In der taz vom vergangenen Wochenende meint Andreas Zumach ("Beihilfe zum Völkerrechtsbruch?"), Kinkel liefere Belege dafür, daß ein deutscher Sitz im UNO-Sicherheitsrat "im besten Fall überflüssig ist, im schlimmsten Fall sogar zur weiteren Schwächung der UNO beiträgt. Jüngstes Beispiel: Kinkels gestrige Äußerung zu militärischen Maßnahmen gegen den Irak. Sein Appell zur vorherigen Ausschöpfung aller diplomatischen Möglichkeiten kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Äußerungen im Kern die völlig unkritische Übernahme der US-Haltung bedeuten. Diese Haltung ist ein Verstoß gegen die UNO-Charta und damit völkerrechtswidrig, worauf nicht zuletzt Kinkels Parteifreund Möllemann hinwies. (...) Mit seinen völlig nebulösen und ausweichenden Antworten zur Frage einer eventuellen Beteiligung der Bundeswehr an militärischen Maßnahmen gegen den Irak schürt Kinkel zumindest den Verdacht, daß die Bundesregierung eine Beteiligung auch an Maßnahmen, für die kein Mandat der UNO vorliegt, künftig nicht mehr ausschließt (...)." Der Kommentar zielt auf eine "eigenständige Politik ab, aus der sich dann möglicherweise auch ein überzeugender Anspruch auf einen Sitz im Sicherheitsrat ableiten ließe": Alternativnationalismus im Rahmen der UN.

Arabic News (31. Januar) hat ihre Eigenständigkeit ganz ohne UNO bereits in einem halluzinierten Panarabismus gefunden: "US-Präsident Bill Clinton begann kürzlich, dem Iran positive Signale über eine Wiederaufnahme der Beziehungen zu dem 'terroristischen' Land zu übermitteln. Warum? Weil die USA, ebenso wie früher mit Irak, alles tun wird, um eine Machtbalance (balance of power) zu halten, die ihren Interessen entspricht und die jeden schwach und in Angst vor den anderen Nachbarn halten wird, um von der Protektion der Vereinigten Staaten abhängig zu bleiben. Am Golf dient der Irak nicht als Gegengewicht zum Iran, solange der Iran schwach ist. In der Vergangenheit haben die USA den Irak als Gegengewicht zum Iran benutzt, indem sie ihm Darlehen und Waffen in seinem Bemühen, den Iran zu bekämpfen, zur Verfügung stellten. (Ö) Die USA sehen eine einzigartige Gelegenheit, die nach dem Irak-Iran-Krieg und dem Golfkrieg präsentiert wird, diese Balance zu halten, indem beide Parteien (Iran und Irak) schwach gehalten werden. Und daher haben die USA kein Interesse an einem starken Irak. Im Gegenteil, ein schwacher Irak verschafft den USA eine ideale Position, da kein starkes arabisches Land existiert, das 'eine potentielle künftige Bedrohung' für die Öllieferungen oder Israel darstellen 'könne', die zwei strategischen US-Interessen, und zur gleichen Zeit die arabischen Länder gedrängt würden, sich gegen potentielle iranische, türkische oder israelische Drohungen noch mehr von amerikanischer Protektion abhängig zu machen."

In der FAZ vom Donnerstag vergangener Woche war Udo Ulfkotte hin-und hergerissen zwischen seiner Loyalität zu den USA und/oder Frankreich und den durchaus eigenständigen Interessen des BRD-Establishments: "Alles deutet darauf hin, daß die fortwährenden irakischen Provokationen notfalls auch im Alleingang von den Vereinigten Staaten mit militärischen Maßnahmen beantwortet werden. (...) Frankreich, Rußland und China gingen auf Distanz zu ihm (zu Butler), weil er der New York Times gesagt hatte, der Irak besitze genügend B-Waffen, um die Bevölkerung Tel Avivs auszulöschen. Nicht nur Bagdad warf ihm daraufhin Kriegshetze vor, denn seine Berichte an den UN-Sicherheitsrat decken eine solche Einschätzung nicht. Als UN-Mitarbeiter wäre es Butlers Pflicht, unparteiisch aufzutreten und Spannungen abzubauen. Doch offenbar haben die Kriegstrommeln längst die zur Besonnenheit rufenden Stimmen übertönt."

Zu letzteren möchte die Jerusalem Post (1. Februar) auf keinen Fall gehören: "Israel hegt natürlich keine Illusionen über Saddam Hussein, seine Raketen und Chemikalien, oder darüber, wie man mit ihm umgehen sollte. Die Feststellung des Kopfes der Waffeninspektoren, Richard Butler, daß der Irak über genügend biologisches Material verfügt, 'um Tel Aviv auszulöschen', mag allzu dramatisch gewesen sein, aber nichtsdestotrotz ist sie ernüchternd. Israel mag die Zähne zusammengebissen haben und während des Golfkriegs zugunsten der Koalition nicht das Feuer erwidert haben, aber die Warnung von Generalstabschef Generalleutnant Amnon Lipkin-Shahak, daß es dieses Mal nicht der Fall sein würde, kommt zum richtigen Zeitpunkt und sollte Saddam Anlaß zu ernsthaftem Nachdenken geben. (...) Obwohl sieben Jahre lang Inspektionen durchgeführt wurden, verbleiben über 70 Einrichtungen, zu denen die Iraker den Inspektoren den Zutritt verweigerten, weil sie 'Präsidentensitze' sind. Dieses Mal sollten die US-Streitkräfte dafür sorgen, daß sie Präsidentenkrater im Boden werden und dies auch bleiben."