Opa Lange und der Bunker

Rechtsextremistische Kader machen sich in einem Neuruppiner Jugendclub breit - und können auf Unterstützung vor Ort bauen

Mehrere Jahre schon versuchen Neonazis aus Berlin und Brandenburg, Treffpunkte und Clubs von rechten Jugendlichen zu unterwandern und an Neonazi-Organisationen anzubinden. Insbesondere Frank Schwerdt und Christian Wendt, beide Kader der mittlerweile aufgelösten Sammlungsorganisation Nationalen e.V., haben wiederholt Versuche gestartet, als rechte Treffpunkte bekannte Clubs zu unterwandern, sogenannte nationale Jugendclubs aufzubauen und mit Hilfe örtlicher Kader an die Strukturen der "Unabhängigen Kameradschaften" anzubinden.

Zu den wichtigsten Ansätzen der jüngsten Vergangenheit gehört hier der Versuch von Christian Wendt, in Guben einen "nationalen Jugendclub" aufzubauen. Erst nachdem AntifaschistInnen und PDS durch Öffentlichkeitsarbeit und Protestaktionen auf Verhandlungen zwischen der Stadtverwaltung und der Jugendorganisation der "Nationalen", dem Jungen Nationalen Spektrum sowie auf die Teilnahme von Wendt an einem sogenannten "Runden Tisch" zur Jugendarbeit aufmerksam gemacht hatten, zogen die Stadtverwaltung und der zuständige Sozialarbeiter 1996 ihre Unterstützung zurück. Darüber hinaus führten interne Streitigkeiten in der Naziszene sowie die fast zwölfmonatige Inhaftierung von Wendt dazu, daß das Projekt eines "nationalen Jugendclubs" in der Brandenburger Stadt zunächst einmal aufgegeben wurde. Mittlerweile ist die kurze Atempause für AntifaschistInnen in Guben allerdings wieder beendet.

Im März diesen Jahres veranstalteten die "Jungnationalen" des Ortes zusammen mit dem mittlerweile zum NPD- Bundesvorstandsmitglied aufgestiegenen Frank Schwerdt einen Lieder- und Kameradschaftsabend, bei dem der Rechtsextremist vor rund 80 Teilnehmern rassistische Reden schwingen konnte und der "junge Berliner Liedermacher Alexander" seinen ersten Auftritt außerhalb Berlins hatte.

Doch nicht nur in Guben läßt Frank Schwerdt bei seinen Versuchen, lokale Kameradschaften und NPD-Strukturen aufzubauen, nicht locker. Im brandenburgischen Neuruppin, wo seit Anfang der neunziger Jahre eine starke rechtsextreme Jugendszene wiederholt für rassistische Übergriffe und Angriffe auf das linke Jugendzentrum "Mittendrin" verantwortlich war, versucht Schwerdt, die bis zum letzten Jahr unorganisierte Szene fester an die Strukturen der NPD anzubinden. Dabei greift er auf altbekannte Methoden zurück: Mit Hilfe des örtlichen Nazikaders Thomas Pennicke, der auch als Redner bei Naziversammlungen im nahen Oranienburg aufgefallen ist, versucht Schwerdt, den "Bunker", einen Treffpunkt der rechten Szene in Neuruppin, in einen "nationalen Jugendclub" zu verwandeln.

Der "Bunker" gehört seit 1992 zu den Projekten des Trägervereins "Initiative Jugendarbeitlosigkeit Neuruppin" (IJN), die sich schwerpunktmäßig für die Betreuung von rechten Jugendlichen zuständig fühlt und neben dem Bunker noch einen weiteren, vorwiegend von rechten Teenagern besuchten Club namens "Fischbüchse" im Neuruppiner Neubauviertel betreibt. Nachdem im "Bunker" in der Anfangszeit ein Sozialarbeiter für die Betreuung einer rund 50 bis 70köpfigen rechtsextremen Skinheadgruppe zuständig war und der Club 1996 kurzfristig wegen internen Streitigkeiten zwischen den Naziskins geschlossen wurde, hat die IJN seit einem Jahr die Eigenverantwortung für den laufenden Betrieb des Clubs den rechten Skins übertragen. In dieser Situation begann dann Thomas Pennicke unter Anleitung von Schwerdt und Wendt, eine rund zehnköpfige Kerngruppe um sich zu sammeln, um durch die Gründung eines eigenen Vereins namens "Jugendtreff e.V." den "Bunker" in die organisierten Neonazistrukturen zu überführen.

Anfang diesen Jahres meldeten sich Vertreter des Jugendtreff e.V. dann mit einer Satzung beim Jugendamt der Stadt Neuruppin und beantragten Fördermittel sowie die Nutzung des "Bunkers" oder einen eigenen Treffpunkt. Als Ziele gaben die Nazis an, sich mit dem Verein um "Hausaufgabenhilfe" und "Wanderfahrten" kümmern zu wollen. Zunächst signalisierte das Jugendamt dann auch prompt Unterstützung für den Verein und begann mit Verhandlungen. Erst nachdem Sozialarbeiter der IJN das Jugendamt über die Hintergründe des Vereins informierten, brach die Stadt die Verhandlungen im Februar diesen Jahres wieder ab. Seitdem fühlen sich Mitarbeiter des IJN durch die Naziszene bedroht. Denn in Neuruppin wird davon ausgegangen, daß der Notariatsgehilfe Pennicke und Frank Schwerdt keinesfalls in ihren Anstrengungen nachlassen werden, die Naziszene straffer zu organisieren. Zumal sie auf die logistische und finanzielle Unterstützung eines weiteren altgedienten NPD-Kaders vor Ort zurückgreifen können. Anfang der neunziger Jahre zog der mittlerweile 82jährige NPD-Kader Wilhelm Lange aus dem nordrhein-westfälischen Schwelm in das Dorf Vielitz bei Neuruppin. Der als "Opa Lange" bekannte altrechte Aktivist begann schnell damit, rechte Jugendliche um sich zu scharen. So spendete er Anfang 1996 rund 1 000 Mark für den Aufbau eines rechten Jugendtreffs in Lindow, in dem sich rund 20 Naziskins regelmäßig trafen.

Auch bei der IJN versuchte Lange durch ehrenamtliche Mitarbeit, seine rechte Propaganda an die Jugendlichen zu verbreiten. Auf Druck von AntifaschistInnen und der Lokalpresse trennte sich die IJN allerdings schnell wieder von ihrem ehrenamtlichen Mitarbeiter. Doch Langes Rekrutierungseifer ist weiterhin ungebremst. Erst vor kurzem konnte sich die Nazigruppe um Thomas Pennicke in seinem Haus treffen, um dort ungestört weiter an ihren Plänen für einen "nationalen" Jugendtreff in Neuruppin zu basteln.