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Soviel steht schon nach der ersten Woche fest: Nichts ist mehr so, wie es einmal mehr so, wie es einmal war. Und dabei war bis Mittwoch letzter Woche die Welt noch in Ordnung. Dann aber war sich jeder selbst der Nächste: "Wir müssen mit der Themenkonferenz vor dem Eröffnungsspiel fertig werden, sonst könnt Ihr Eure Zeitung alleine machen", droht ein Kollege, der sonst eher politisch argumentiert. "Was für eine Eröffnung?" fragt ein Argloser. Ein anderer druckst herum: "Ich geh' dann mal - kurz - nur eben Zigaretten holen." "Halt mir einen Platz in der Weißen Taube frei, ich komm' gleich nach!" schreit eine Kurzentschlossene.

Verringern wir den Umfang? Bleiben Seiten leer? Füllen wir sie mit Werbung? Welche Werbung? Ruft da jemand: Große Bild-Lösung!? Und dann, aus dem Feuilleton, der unglaubliche Vorschlag: "Könnte man die WM nicht einfach ignorieren?"

Doch die Fußballfraktion ist bestens organisiert. Spielstände werden laufend übers Telefon erfragt, natürlich als Dienstgespräche getarnt: "Wie ist jetzt das Kräfteverhältnis zwischen der serbischen Armee und der UCK, und was macht Italiens Linke?" Eine urplötzlich angesetzte Pressekonferenz einer Bürgerinitiative für den Erhalt des Lebensraums unserer Kiezkatzen muß sonntags gegen 22 Uhr "ganz dringend, ehrlich!" besucht werden: "Das interessiert unsere Leserinnen und Leser wahnsinnig!" Umfangreichere Recherchen vor Ort zwingen eine Kleingruppe von Redakteuren für "zirka 90 Minuten", ihre Schreibtische zu verlassen.

Auf dem Gang werden Hanuta-Bildchen getauscht, vor dem Klo Wettgemeinschaften gebildet. Wenn nur schon morgen wäre. Die Spiele der Deutschen wird sich ja Gott sei Dank niemand ansehen!