Oberhauswahlen in Japan

Das eiserne Dreieck bleibt

"Japan ist wie die Titanic. Ein gutes Schiff mit guter Technologie. Aber das Schiff fährt in die falsche Richtung - unter Steuermann Hashimoto."

Naoto Kan, Chef der oppositionellen Demokratischen Partei (DPJ), ist der japanische Gerhard Schröder. Dabei ist er gar kein Sozialdemokrat, im Gegenteil: Kan wettert gegen die Sozialdemokraten der SDP, so gut es nur geht. Diese seien nur am Machterhalt interessiert, sie würden wichtige "Reformen und Innovationen verschleppen" und hätten keine "Konzepte gegen die Arbeitslosigkeit". Das gleiche sagt Kan aber auch von den regierenderen Liberaldemokraten der LDP. Diese Kritik, verbunden mit populistischen Parolen zur Sozial-, Wirtschafts- und Umweltpolitik, bringen dem ehemaligen Gesundheitsminister hohe Sympathiewerte ein. Bei einer Direktwahl zum Ministerpräsidenten würde er zur Zeit alle anderen Kandidaten in den Schatten stellen.

Schade nur, daß eine solche Wahl nicht ansteht, sondern lediglich die alle drei Jahre stattfindende schnöde Abstimmung zum Oberhaus. Am Sonntag wird dort die Hälfte der 252 Mandate neu besetzt. Da das japanische Oberhaus lediglich eine repräsentative und beratende Funktion hat und allenfalls im Unterhaus beschlossene Gesetze um 30 Tage verzögern kann, wird der Wahl nur eine symbolische Bedeutung beigemessen. Diese ist aber angesichts der japanischen Wirtschaftskrise in Permanenz um so größer.

Die mitregierende SDP stieg sogar aus der Koalition mit der LDP aus, um ihre Chancen auf mehr als die bisherigen 20 Oberhaussitze zu verbessern. Ein Ausstieg klassisch sozialdemokratischer Prägung - er kostete rein gar nichts. Die LDP ist im Unterhaus nicht auf die Stimmen der SDP angewiesen. Und nach der Wahl kann Premier Ryutaro Hashimoto ohnehin wieder auf den alten Koalitionspartner zurückgreifen. SDP-Parteichefin Takako Doi hat dies vergangene Woche bereits mehr als deutlich signalisiert.

Den seit 1955 - nur mit einer kurzen Unterbrechung Mitte der neunziger Jahre - regierenden Liberaldemokraten dient die Oberhauswahl als Image-Test. Zu verlieren haben sie nichts, da die Mehrheit im Unterhaus deutlich, die Partei - im Gegensatz zu vergangenen Jahren, in denen es ständig zu Abspaltungen kam - einig und der Ruf miserabel ist. Für Hashimoto stellt sich nur die Frage, ob seine LDP trotz oder wegen des schlechten Images wiedergewählt wird.

Hieß es vor der ökonomischen Krise Japans aus Tokioter Managerkreisen noch - gleichzeitig selbstbewußt und abwertend - "erstklassige Wirtschaft, drittklassige Politik", haben die Wirtschaftsfunktionäre das Niveau nach Bankencrashs und Währungssturz inzwischen angeglichen. Die sozialdemokratischen Verfassungspatrioten sind in diesen Kreisen noch nie ernst genommen worden, die Klassenstreber der Demokraten um Naomo Kan erinnern zu sehr an die gute alte Zeit.

Was bleibt, ist die bewährte LDP, zumal das traditionelle "eiserne Dreieck" der politischen Macht im postfaschistischen Japan nahezu ungebrochen ist: Die Verbindung LDP-Ministerialbürokratie-Wirtschaftseliten hält. Trotz Hashimotos Ankündigung von 1996, die Ministerial- und Finanzbürokratie "entfilzen" zu wollen. Und trotz unzähliger Korruptionsaffären der letzten Jahre, wo Banker Politiker, Beamte Manager und Diplomaten Bürokraten nachweislich bestochen haben.

Oder deswegen.