Deutsches Haus

Wer schwarzfährt, muß mit einer Geldstrafe rechnen, wer auch noch schwarz aussieht, dem drohen härtere Strafmaßnahmen. Das ist jedenfalls die Erfahrung von Emanuel Adu Agyeman: Am 30. August hielten zwei Wachschützer den Ghanaer in einem S-Bahnhof in Frankfurt am Main auf und verlangten seinen Fahrschein. Als er zunächst die Ausweise der Sicherheitsleute sehen wollte, rissen diese ihn zu Boden und verdrehten ihm die Arme. Nach Agyemans Aussagen waren die bei der Verkehrsgesellschaft angestellten Ordnungshüter nun gar nicht mehr an seiner Monatskarte interessiert. Zusammen mit weiteren Wachmännern schleiften sie ihn in einen Aufenthaltsraum des Ordnungsdienstes. Dort traktierten ihn die uniformierten Männer mit Fäusten, einem Schlagstock und Fußtritten. Als der Ghanaer schließlich blutend und regungslos am Boden lag, riefen die Wachschützer die Polizei. Die Beamten holten einen Krankenwagen. Sechs Tage lang mußte der seit neun Jahren in Deutschland lebende Ghanaer in einer Klinik behandelt werden. Unter anderem hatte er eine Gehirnerschütterung, Prellungen und einen Trommelfellriß erlitten. Die beiden Wachschützer haben Strafanzeige gegen Agyeman gestellt. Sie behaupten, von dem 40jährigen angegriffen worden zu sein, dabei hätten sie Prellungen an den Armen davongetragen. Fünf junge Männer überfielen am 10. September ein Ausländerwohnhaus in Dresden. Nach Angaben der Deutsch-Asiatischen Gesellschaft, die in dem Haus ihren Sitz hat, zerschlugen die Täter mit Baseballschlägern Möbel in den Wohnungen und im Büro der Gesellschaft. Außerdem drohten sie den elf Bewohnern aus Vietnam, Laos und Kambodscha, sie sollten bis zum nächsten Tag verschwunden sein, sonst werde "die Hütte abgefackelt". Das Gebäude hatte vor einiger Zeit den Besitzer gewechselt. Der Sprecher der Gesellschaft sagte, die neue Besitzerin habe einen Anwalt beauftragt, das Haus leer zu bekommen. Dieser sei vor dem Überfall mit den fünf Jugendlichen aufgetreten. In Berlin überfiel eine Gruppe Deutscher in der Nacht zum 5. September einen 17 Jahre alten Bangladeschi. Die sieben zwischen 15 und 17 Jahre alten Täter schlugen und traten auf den jungen Mann ein. Er mußte im Krankenhaus behandelt werden. In der gleichen Nacht griffen im Berliner Stadtteil Hohenschönhausen zwei Deutsche drei Asylbewerber an. Nach Angaben der Polizei forderten sie zunächst Bier und Geld. Wenig später bewarfen sie die Asylbewerber mit Steinen und drohten, sie umzubringen. Das Landratsamt im bayerischen Berchtesgaden wollte den seit sechs Jahren in Deutschland lebenden Shaqir G. abschieben. Der Grund: Der Kosovo-Albaner war 1996 wegen fahrlässiger Trunkenheit am Steuer zu einer Geldstrafe verurteilt worden. In einer jetzt rechtskräftig gewordenen Entscheidung verhinderte das Verwaltungsgericht München Mitte August die Abschiebung. Das Gericht ging aber noch weiter: Nach seiner Auffassung widerspricht die bayerische Praxis, Straftäter nach Jugoslawien abzuschieben, der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Grundgesetz. Diese ließen es nicht zu, Menschen in Kriegsgebiete abzuschieben. Dabei differenziere das Grundgesetz nicht zwischen "guten" und "schlechten" Menschen. Ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums widersprach gegenüber der Süddeutschen Zeitung den Schlußfolgerungen des Gerichts. Dieses habe das öffentliche Interesse Deutschlands an der Abschiebung von Straftätern "völlig außer acht gelassen". Auch Trunkenheit im Straßenverkehr tangiere diese Interessen. Es könne nicht sein, daß Massenmörder, Drogendealer, Vergewaltiger und Kinderschänder nicht abgeschoben werden dürften.