Cohn-Bendit bleibt im Visier

Ist es kriminell, einen von der deutschen Justiz Verfolgten materiell zu unterstützen? Diese Frage wird nun wohl doch die Frankfurter Staatsanwaltschaft beschäftigen. Wegen des Verdachts der Strafvereitelung haben die Strafverfolger Anzeige gegen Daniel Cohn-Bendit gestellt, nachdem hessische Politiker von Union und FDP den grünen Europaabgeordneten mehrmals öffentlich angegriffen hatten. Cohn-Bendit hatte bereits vorher erklärt, daß er dem vorvergangene Woche in Frankreich festgenommenen Hans-Joachim Klein während seiner 23jährigen Zeit in der Illegalität finanziell ausgeholfen hat. Während die hessischen Grünenpolitiker Tom Koenigs und Rupert von Plottnitz ähnlichen Vorwürfen widersprachen, nahm der französische Philosoph André Glucksmann kein Blatt vor den Mund: Im Pariser Le Figaro ließ er wissen, er habe jahrelang "hochoffiziell" dem ehemaligen RZ-Mitglied Klein das Honorar für die französische Fassung seines Aussteiger-Buchs "Rückkehr in die Menschlichkeit" überwiesen. Mit der von den deutschen Behörden behaupteten "kriminalistischen Kleinarbeit" kann es also nicht weit her gewesen sein.

Ob nun die Immunität Cohn-Bendits aufgehoben und Ermittlungen gegen ihn eingeleitet werden, ist noch unklar. Man wolle zunächst die französischen Vernehmungsprotokolle einsehen, ließ der Frankfurter Oberstaatsanwalt Job Tilman vergangene Woche wissen. Möglicherweise warten Deutschlands Strafverfolger umsonst auf Klein. Denn auch aus Österreich, wo er 1975 am Überfall auf eine Opec-Konferenz beteiligt war, liegt in Paris ein Auslieferungsantrag vor.