Hausers Hauptquartier

Im Wahlkreis von Kohls Regierungssprecher kämpft man gemeinsam für den CDU-Bundestagskandidaten

Otto Hauser macht Politik "für unsere Heimat Esslingen, für unser Land Baden-Württemberg und für unser deutsches Vaterland". Deutschland als Programm: Nicht erst im Wahlkampf hat sich der CDU-Hardliner, den Kohl im Frühjahr zum Regierungssprecher ernannte, auf "organisierte Kriminalität" und "kriminelle Asylanten" eingeschossen.

Am 8. September lieferte die Polizei im Esslinger Wahlkreis Hauser tatkräftige Argumentationshilfe: 280 Beamte stürmten die Sammelunterkunft für Asylbewerber in der Esslinger Flandernstraße. Ein "Schlag gegen Kriminalität in der Funkerkaserne", titelte die Esslinger Zeitung. Über drei Stunden durchkämmten Sondereinsatzkräfte die von 492 Menschen bewohnte Unterkunft. Bilanz des Einsatzes: vier Gramm Rauschgift im Wert von 200 Mark, drei lange Messer und Kleidungsstücke, die - wie die Polizei lediglich vermutet - aus Diebstählen stammen könnten, wurden beschlagnahmt. Darüber hinaus: 25 Verstöße gegen das Ausländergesetz. Ein mageres Resultat, wäre doch, sieht man von den ausländerrechtlichen Verstößen ab, in jeder durchschnittlichen Oberstufenklasse mehr zu holen gewesen.

Dennoch versuchte Polizeichef Klaus Schmerling, die Aktion als Erfolg zu verkaufen: "Wir haben jede Menge Erkenntnisse gewonnen", erging sich Esslingens oberster Ordnungshüter in nebulösen Andeutungen. Er hoffe, die "kriminelle Szene in dem Sammellager" aufgeschreckt zu haben.

Eine Sprecherin der Esslinger antirassistischen Gruppe K.R.A.K.E. äußerte nach der Aktion den Verdacht, daß es sich dabei um eine Inszenierung für die vorab informierten Medien gehandelt habe. Die durften das Geschehen aus sicherer Distanz beobachten und fotografieren. Klasse Bilder für die Lokalpresse: Bewaffnete Beamte in Helmen und Kampfanzügen, die die Unterkunft stürmten und Bewohner abführten.

Schon bei seinem Amtsantritt im Frühjahr diesen Jahres hatte der Polizeichef eine harte Gangart angekündigt; das "subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger" müsse stärker berücksichtigt werden. Kaum fünf Wochen später meldete der Esslinger Stadtrat bereits Vollzug. Mit nur zwei Stimmenthaltungen verabschiedeten die Abgeordneten eine Polizeiordnung, die künftig "Handhabe gegen Belästigungen im öffentlichen Raum" bietet. Wieder spielte die Esslinger Zeitung mit und titelte: "Gegen Pöbler, Krakeeler und aggressive Bettler."

In deren Leserbriefspalten können sich Anhänger der Republikaner, Vertriebenen-Funktionäre und andere Rechte ungestört austoben. Da gehören sie auch hin: Der ultrakonservative Verleger des Blattes, Otto Wolfgang Bechtle, steht dem CDU-Stahlhelm-Flügel um Alfred Dregger nahe. Sein Buchverlag kooperiert mit dem Imperium des Schönhuber-Verlegers Herbert Fleissner, und über die Rotationsmaschinen der Druckerei Bechtle läuft die Bild-Stuttgart: "Bechtle, Springers Knechtle", reimten die Studenten 1968 und verhinderten die Auslieferung des Blattes.

Heute regt sich kaum mehr Widerstand. Hauser, der einst als Journalist bei Bechtle volontierte, kann zufrieden sein. Schon viermal konnte der CDU-Abgeordnete das Direktmandat im Wahlkreis erringen. Hier ist er zu Hause - so sehr, daß die Polizeidirektion, wie gemunkelt wird, schon mal einen Streifenwagen als Fahrdienst vorbeischickt, wenn der "flotte Otto" (stern) nach einer durchzechten Vereinsfeier nicht mehr allein hinters Steuer findet. Als Kohls Sprachrohr wegen seiner PDS-NSDAP-Vergleiche in die Kritik geriet, hagelte es Solidaritätsbekundungen.

Ob es mit dem Direktmandat auch bei dieser Bundestagwahl klappt, ist trotz der tatkräftigen Wahlkampfhilfe der Esslinger Polizei nicht ausgemacht. Mit dem SPD-Wirtschafsexperten Siegmar Mosdorf hat Hauser ernsthafte Konkurrenz bekommen. Anders als der schwäbische Mini-Kanther möchte Mosdorf die Nation durch die Verpflichtung auf ein gemeinsames Projekt zusammenschweißen: "Wir schaffen's gemeinsam: das moderne Deutschland" plakatieren die Esslinger Sozialdemokraten im Großformat. Über das Mischungsverhältnis der beiden Varianten entscheiden die Wähler und Wählerinnen am 27. September. Die Verlierer stehen schon fest.