Begabt und geneigt

Halten Sie sich fest: Die leiblichen Enkel des Franz Josef Strauß, die Sprößlinge der jüngst gekürten bayerischen Kultusministerin, die Patenkinder des amtierenden Ministerpräsidenten des Freistaats und designierten Verwesers der Christlichen und Sozialen Union, die Söhne Hohlmeier (9 und 11), besuchen nicht die katholisch-humanistische Bubenaufzuchtanstalt zu Ettal (bei Oberammergau), auch nicht das ehrwürdige Mozartgymnasium zu Würzburg (gegenüber der Residenz), noch nicht einmal die gewiß schon verdächtige Bildungseinrichtung für gefallene Knaben eines Don Bosco, sondern, wie gesagt, jetzt kommt's: die Waldorf-Schule in München-Daglfing. Punkt.

Haben Sie sich erholt? Macht nichts, auch der Stoiber Edmund stand unter Schock, als er anläßlich der Ministerinnenkür vergangene Woche ankündigte: "Monika Hohlmeier wird das korrigieren, daß ihre beiden Kinder an einer Privatschule sind." Als aufrechter Kämpfer gegen das reformpädagogische Unwesen hatte sich Hohlmeier-Prädezessor Hans Zehetmair auch vor Gericht nicht die Gründung weiterer Waldorf-, Montessori- etc. pp.-Schulen abringen lassen, doch nun stellt sich Monika (geb. Strauß) ebenso stur: "Ich habe die volle Freiheit, auf welche Schule ich meine Kinder schicke." Ein Schulwechsel stehe erst an, wenn Hohlmeiers der Meinung seien, daß die "Begabungen und Neigungen der Kinder" das erlaubten.

Wie die Süddeutsche Zeitung übrigens herausfand, besucht auch Stoiber junior eine Privatschule in München. Denn: "Die Schulwahl der Familie Stoiber orientiert sich ausschließlich an den Begabungen und Neigungen der Kinder."