Drei Körbe von der SPD

Der Versuch, die Studierenden per Kongreß an die Sozialdemokratie zu binden, ist nur halb gelungen

Hochgelobt und schnell vergessen: Ein Jahr ist es nun her, daß der StudentInnenstreik durch die Hochschulen der Republik fegte. Zum Jahrestag des Studi-Ausstands fand mit dem bundesweiten Bafög-Kongreß letzte Woche in Potsdam eine Streiknachlese der besonderen Art statt.

Nach einer Protestdemonstration gegen die Bafög-Novelle hatten Brandenburger Studierende im Dezember 1997 die Bonner Landesvertretung ihres Bundeslandes besetzt und von Ministerpräsident Manfred Stolpe die telefonische Zusage bekommen, an der Vorbereitung dieses Kongresses mitzuwirken. Doch von Gemeinsamkeiten war bald nichts mehr zu spüren, wie Sandra Brunner, die Vorsitzende des ReferentInnenrates der Potsdamer Universität, beklagte.

"Zunehmend wurden die Studierenden aus der Vorbereitung und dem Kongreßprogramm ausgegrenzt", stellte auch Ulrike Gonzales vom "freien zusammenschluß der studierenden" (fzs) fest: "Wir bekamen offiziell nicht einmal mehr Einladungen. Plötzlich hieß es, der Kongreß solle pragmatische Empfehlungen an den Gesetzgeber erarbeiten, was nach unserer Auffassung nicht die Aufgabe der Studierendenvertretungen sein kann." Erstaunt konstatierte man die sozialdemokratischen Umarmungen. "Der Kongreß", so Gonzalez, "soll das sozialdemokratische Drei-Körbe-Modell festklopfen, und die Studierenden sollen lediglich als Feigenblätter für diese SPD-Propaganda-Show dienen."

Unter diesen Umständen hatten die StudentInnen zunächst überlegt, den Kongreß platzen zu lassen; schließlich entschieden sie sich aber doch für inhaltlichen Widerspruch statt Provokation.

Die drei Körbe der SPD wiesen die Studis zurück: Das Modell sei weder bedarfsdeckend noch verteilungsgerecht. Auch die eigentlich begrüßte Elternunabhängigkeit des ersten Korbes hat, so wie sie im SPD-Modell formuliert ist, aus studentischer Sicht einen Haken: "Was traurigerweise bisher nur für Bafög-Empfänger galt, soll nun für alle gelten: Wer den Leistungsnachweis nicht erbringt, verliert die mit dem Studium einhergehenden Vergünstigungen. Dies ist eine Schlechterstellung zum bisherigen Bafög."

Auch das Modell eines Bundesausbildungsförderungsfonds (BAFF), das der bildungspolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Matthias Berninger, vehement verteidigte, fand bei den Studierenden wenig Zuspruch: "Da es von einer freiwilligen Teilnahme ausgeht, muß damit gerechnet werden, daß nur Kinder aus Elternhäusern mit geringen Einkommen von der Förderung Gebrauch machen", kritisierte Sandra Brunner.

Bei der Abschlußrede des brandenburgischen Wissenschaftsministers Steffen Reiche machten die Studierenden noch einmal per Transparent ihre Forderung nach einem bedarfsgerechten und elternunabhängigen Bafög deutlich. Bei der Definition der Bedarfsgerechtigkeit orientieren sich die KommilitonInnen an den Zahlen des Deutschen Studentenwerks, das von einem monatlichen Betrag von 1 250 Mark ausgeht.

Die studentische Einmischung auf dem Kongreß sei erfolgreich gewesen, resümierte am Ende des Kongresses Frank Richards vom Potsdamer Refrat: Eine Festlegung auf das Drei-Körbe-Modell sei verhindert worden, Konsens zwischen allen Beteiligten bestehe in der Forderung nach Rücknahme der 18. Bafög-Novelle.

Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe, der den Kongreß mit einem Grußwort eröffnete, zog schon am Abend des ersten Tages beim kalten Büffet sein Resümee, in dem er Dankesworte an alle Beteiligten, ausdrücklich auch an die kritisierenden KommilitionInnen, richtete.

Ein paar Schritte weiter erinnerte sich ein Alt-68er aus der GEW an alte Zeiten. "Die Studenten waren ja heute richtig brav", beklagte er sich zwischen zwei Schlucken Wein bei seinem Tischnachbarn aus der Ministerialbürokratie.