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So schwarz war der Himmel über Bagdad zwischen den Jahren, daß man den Jahren, daß man kaum mehr etwas erkennen konnte, schon gar nicht Datum und Preis der letzten Jungle World. Auch Leuchtraketen halfen nicht weiter, rechts oben auf der Titelseite blieb es dunkel, und Sie wußten nicht, kostet meine Feiertags-Lektüre jetzt 4 Mark oder 2,05 Euro, und wann ist "jetzt"?

Inzwischen sind Jahreswechsel, Währungsumstellung und Kater bewältigt. Daß der Euro bei 1,96 steht, hat sich selbst im Dschungel herumgesprochen. Aber was bringt der Euro? Auf jeden Fall eine Flut von Sonderbeilagen, Extraseiten und Spezialausgaben - was sonst noch passiert, wissen wir auch nicht, melden es aber, sobald wir es wissen. Das Ende von D-Mark, Franc oder Escudo zugunsten des Euro bedeutet, daß die nationalstaatliche Souveränität auch in vielen anderen Bereichen verschwinden wird. Sei es die künftige Sozial- oder Wirtschaftspolitik, oder die Frage, was mit den Flüchtlingen vor und innerhalb der Grenzen geschieht - kein Ereignis kann künftig ausschließlich vom nationalen Tellerrand aus betrachtet werden.

Das ist Grund genug, die Jungle World ein wenig umzukrempeln, bewährte Ressortgrenzen zu sprengen und ein eigenes Euro-Ressort zu schaffen. Wie sollte es auch sonst funktionieren? Der Konflikt um die Atomindustrie - einmal als Thema der Innenpolitik, dann der Bericht über die französischen Reaktionen im Ausland, der Kommentar schließlich auf der Wirtschaftsseite?

Mit dem Euro wird offensichtlich, daß sich Politik und Ökonomie nicht trennen lassen. Anstatt beide Sphären fein säuberlich zu unterscheiden, zeigt sich die Aktualität der politischen Ökonomie: Ob es künftig mehr Geld für weniger Arbeit (oder umgekehrt) gibt, wird nicht nur von den deutschen Wirtschaftsbossen oder den Mehrheiten im Europaparlament entschieden, sondern auch von den Arbeitslosenbewegungen in Frankreich oder Italien. Das Euro-Ressort macht außerdem endlich die Unterscheidung zwischen Innen- und Außenpolitik überflüssig - und bietet gleichzeitig die Möglichkeit, die Transformation des Nationalen in der Konkurrenz der Euro-Länder schärfer in den Blick zu nehmen.

Behauptet jedenfalls einer der neuen Euro-Redakteure. Aber könnte sein, daß ihn außer einem allzu verständlichen Fernweh auch einfach die Sehnsucht trieb, aus den Grenzen seines Kleinressorts herauszukommen - und, wie Oskar Lafontaine ein Superminister, ein Superredakteur zu sein? Nein, die Förmchen zusammenzuwerfen und gemeinsam im Sand zu buddeln.