Antisemitisches von Harry Zweifel

Starnberger Gericht verurteilte rechtsextremen Verleger wegen Volksverhetzung

Er hat es nicht lassen können: In seinem Schlußwort wollte sich der bayerische Verleger Gert Sudholt dann doch noch zum Märtyrer stilisieren. Gut zwei Monate hatte er bereits im Gefängnis gesessen. Und das ausgerechnet in Landsberg.

Nun stand er am vergangenen Donnerstag in seinem schlecht sitzenden grauen Anzug, in den Händen ein getipptes Manuskript, vor dem Schöffengericht Starnberg - jener Kleinstadt südlich von München, in der Prominenz und Millionäre gerne ihre edlen Domizile beziehen. Mit verhaltenem Pathos las Sudholt die Geschichte vom Buchhändler vor, der sich gegen Zensur zur Wehr setzt. Einmal "braun kontaminiert", sei er nun für immer diskreditiert. Wenn er wieder ein Buch mit zeitgeschichtlichen Themen vertreiben wolle, müsse er es wohl zuvor von Anwälten prüfen lassen, beschwerte sich der 55jährige und klagte über "Gesinnungsdiktatur".

Eine derartige Rede war von dem Mann gar nicht zu erwarten, wirkte er doch zuvor so bieder und zurückhaltend. Sudholt ist einer der Rechten, die ihre Parolen nicht polternd verbreiten. In seinem Wohnort Starnberg wird er öffentlich kaum wahrgenommen.

Mit seinem politischen Exkurs, der wohl für das Dutzend Gesinnungsfreunde auf den Zuschauersitzen im Saal gedacht war, hatte es sich Sudholt mit dem Amtsrichter Hans-Joachim Schleifenbaum beinahe noch verdorben. Beinahe. Zwar erklärte Schleifenbaum in seiner Urteilsbegründung, es falle schwer, einem derartig Unbelehrbaren noch Bewährung zu gönnen. Doch dann gewährte das Gericht dem Angeklagten Verschonung vor einem weiteren Gefängnisaufenthalt. Das Urteil: vier Monate Haft auf Bewährung wegen Volksverhetzung. Außerdem sind 4 000 Mark an die Staatskasse fällig.

Tausende Exemplare eines knapp 600 Seiten starken antisemitischen Wälzers hat sich Sudholt 1997 aus der Schweiz schicken lassen, um sie über seinen Versandbuchhandel in Deutschland zum Verkauf anzubieten. "Uns trifft keine Schuld", heißt das Werk eines Autors, der sich Harry Zweifel nennt. Der schreibt von der "jüdischen Weltverschwörung zwecks Weltbeherrschung". Und Sätze wie: "Die Juden sind unbelehrbar und haben den Antisemitismus selbst zu verantworten." Das Geschäft mit dem Buch wurde nach wenigen Wochen von der Staatsanwaltschaft gestoppt. Die Polizei packte das Zeug in 27 Kartons, um es aus dem Verlagsgebäude in der nahegelegenen kleinen Ortschaft Berg zu schleppen.

Es war nicht die erste Polizeiaktion gegen Sudholt: Einige Monate zuvor war der zweite Band von "Geheimakte Gestapo-Müller" des amerikanischen Autors Gregory Douglas beschlagnahmt worden. Sudholt hatte das Buch in seinem Druffel-Verlag publiziert. Auch dies ein Machwerk, in dem der Holocaust angezweifelt wird. Das Buch kommt als authentische Biographie des Gestapo-Chefs Heinrich Müller daher, wurde aber von dem Historiker Jürgen Zarusky vom Münchner Institut für Zeitgeschichte vor Gericht mühelos als Fälschung entlarvt.

Die Vorliebe für einschägige Literatur des Berger Verlegers paßt in die Familientradition. Sudholt ist Stief- und Ziehsohn von Helmut Sündermann, dem verstorbenen stellvertretenden NSDAP-Reichspressechef. Der promovierte Historiker Sudholt war Vize-Vorsitzender im NPD-Kreisverband München-West und saß bis 1991 der rechtsextremen Gesellschaft für freie Publizistik (GFP) vor.

Um seine Geschäfte muß sich der Rechtsextremist, der in gleich drei Verlagen als Inhaber bzw. Verleger fungiert, denn auch keine Sorgen machen. Zwar muß er "Uns trifft keine Schuld" aus dem Programm streichen, da das Buch auf richterlichen Beschluß eingezogen wurde. Den "Gestapo-Müller" darf er jedoch weiter verkaufen, wenn einige Passagen geschwärzt oder entfernt werden.

Auch aus der Politik hält sich Sudholt nicht raus, selbst wenn er bisweilen mit seiner braunen Vergangenheit so gar nichts mehr zu tun haben will: Erst vor einem halben Jahr hatte der 55jährige in seiner Villa einen intellektuellen Zirkel zu Gast. Mit dabei: der DVU-Mann Franz Schönhuber.