Gerhard Schröder, Bundeskanzler

Was war der alte Kanzler doch für ein Mann! Haben wir seinen in der Tat beträchtlichen Leibesumfang nicht geliebt, heimlich? Weil wir genau wußten, daß auch wir die besten Drei-Sterne-Köche antanzen lassen würden, wenn wir a) den französischen Staatspräsidenten zu Gast haben und b) eh alles bezahlt wird? Weil wir ihn beneidet haben um die Fähigkeit, eben noch einen Saumagen hinterher zu schieben, wenn der erste geschmeckt hat? Und haben wir ihn nicht in turborinderkuhfladengroßen Wienerschnitzeln schwelgen sehen, in Bergen von Kartoffelsalat, in Speckknödelsuppe und Salzburger Nockerln zur Nachspeise, wenn er wieder mal am Wolfgangsee beim Abspecken war?

Welch traurige Gestalt ist dagegen der Neue. Zu drei Humidoren allein im Arbeitszimmer hat er es gebracht, doch die Havanna schmaucht er noch immer mit der Geste des Emporkömmlings, der den Genuß nicht aus dem Tabakrauch, sondern aus dem Preis der Zigarre gewinnt. Essen können mehr Leute als Zigarrenrauchen, deswegen hält sich Schröder kulinarisch instinktiv an das, wovon er vielleicht wirklich etwas versteht: Was Kohl der Saumagen war, das ist ihm die Currywurst. "Gute Currywurst gibt es an sehr vielen Orten", diktierte der Kanzler gewohnt präzise der Süddeutschen Zeitung ins Magazin. "Ich bin insofern auch freudig gespannt auf den Umzug nach Berlin." Die beste Currywurst habe es einst - wo sonst? - in Hannovers Oststadt gegeben. "Um so erstaunter" sei er gewesen, als er "hier, in der Kantine des Bundeskanzleramts, eine außerordentlich genießbare Currywurst mit Pommes im Angebot fand. Und die gab es hier sogar schon vor meiner Zeit. Ist doch toll, oder?" Wirklich toll, Herr Schröder.