Rüstungsexporte an die Türkei

Waffen made in Germany

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Im Jahr 1964 übernahm die Bundesrepublik im Rahmen der Nato-Verteidigungshilfe die Zuständigkeit für Griechenland und die Türkei. In einem ersten Vertrag vereinbarte man damals die Lieferung von Hubschraubern, Waffen, Munition, kugelsicheren Westen und Polizeifahrzeugen im Wert von 15 Millionen DM. Seither hat die türkische Regierung nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums Militärhilfe im Umfang von etwa sieben Milliarden DM erhalten. Bis heute bestreitet die Bundesregierung den Einsatz deutscher Waffen im kurdischen Kriegsgebiet, obwohl dieser von Menschenrechtsorganisationen mehrmals nachgewiesen worden ist. Die ehemalige türkische Ministerpräsidentin Tansu Ciller stellte 1993 unmißverständlich klar: "Wir setzen die Waffen ein, die wir haben."

Die Waffen, die sie haben, kommen aus Deutschland. Eine Auswahl.

1980 bis 1982 Die Bundesregierung gewährt der Türkei Militärhilfe im Umfang von 1,2 Milliarden DM. Die Hilfe umfaßt 77 Kampfpanzer, 249 Milan Abschußgeräte sowie die Aufrüstung von 160 M-48 Panzer. Zudem wird der Ausbau von Gewehrfabriken in Arifiye, Kirikale, Elmadagi und die Modernisierung von zwei Marinewerften in Gölcüküy und Tashizak unterstützt.

1985 bis 1987 Die Anti-Terror-Truppe "Schwarze Käfer" wird in Deutschland von der GSG-9 ausgebildet. Im Zuge des türkisch-kurdischen Krieges verstärkt die Türkei den Waffenimport. Zu den Lieferanten zählen die Firmen Siemens, Thyssen, VW, Dornier, Eurometall, Krauss-Maffei, AEG, Krupp und MAN. Verkauft werden unter anderem Panzertransporter und Bergepanzer im Wert von 500 Millionen DM.

1989 Die türkische Regierung rüstet ihr Luftverteidigungssystem auf. Dafür schließt MBB mit fünf türkischen Firmen einen Vertrag im Umfang von 600 Millionen DM ab, der den Vertrieb von Kampfhubschraubern vorsieht. Die Bedeutung deutscher Konzerne für die türkische Kriegsführung verdeutlicht ein Zitat aus der türkischen Ausgabe der Zeitschrift Defense and Aerospace: "Wenn heute in der Türkei überhaupt von einer Rüstungsindustrie gesprochen werden kann, so hat sie das in allererster Linie der Bundesrepublik Deutschland zu verdanken. Firmen wie Fritz Werner, Heckler & Koch, Rheinmetall, MBB und Diehl sind unserem Verband der Maschinen und Chemieindustrie bestens bekannt."

1990 Die Rüstungsfirmen Blohm & Voss, Thyssen Rheinstahl, Technik und HDW Kiel unterzeichnen einen Vertrag für den Bau von MEKO-200-Fregatten im Wert von 800 Millionen DM.

1991 Das Verteidigungsministerium liefert Waffen im Wert von 1,5 Milliarden Mark an die Türkei. Dabei handelt es sich vor allem um Restbestände der NVA. "Eine ganze Armeeausrüstung" (FAZ) wird verschenkt: mehr als 100 000 Panzerfäuste, 350 000 Kalaschnikow-Maschinenpistolen, 440 Millionen Stück Munition, 30 Kampf- und Aufklärungsflugzeuge RF-4E und 300 Panzer vom Typ BTR-60. Hinzu kommt die Lieferung von 131 Artillerie-Raketenwerfern, 550 Schützenpanzern und 200 Hubschraubern.

1992 Die Firma Eurometall exportiert 18 000 Artilleriegranaten, 15 Leopard-Panzer und 46 RF-4E Phantom-Flugzeuge in die Türkei. Und dies, obwohl für knapp ein halbes Jahr ein Lieferstopp verhängt wurde. Kurz zuvor hatten Fotos dokumentiert, wie der Kurde Mesut Dündar an einen deutschen Panzer vom Typ BRT-60 gefesselt zu Tode geschleift wurde. Nach der Aufhebung des Waffenembargos schließt ein deutsches Konsortium mit der türkischen Marine einen Vertrag über den Bau von zwei Fregatten im Umfang von rund 800 Millionen DM ab.

1994 Im Mai wird ein Stopp der Waffenlieferungen an die Türkei verhängt, als Beobachterdelegationen den Einsatz von deutschen Waffen im kurdischen Teil der Türkei nachweisen. Vier Wochen später werden die Waffenlieferungen wieder aufgenommen. Die Türkei erhält neben 15 Phantom-Flugzeugen und einem Aufklärungssystem auch Munition, Tankwagen und Löschwagen im Wert von 300 Millionen DM.

1996 Die BRD übernimmt für den Bau von Stinger-Abwehrraketen eine Bürgschaft über 48,8 Millionen DM - der Auftrag geht an Mercedes-Benz. Die Tochterfirma Dasa erhält den Auftrag für die Produktion von Lenkflugkörpersystemen und Panzergehäusen.

1997 Krauss-Maffai erhält für 4,5 Milliarden DM den Auftrag zum Bau von 1 000 Panzer vom Typ Leopard I und II. Die Lürssen-Werft in Bremen soll Patrouillen-Schnellboote anfertigen.

1998 Das deutsch-französische Konsortium Eurocopter liefert 30 Kampf- und Transporthubschrauber des Typs Cougar AS 532 im Wert von 700 Millionen DM. Die Howaldtswerke Deutsche Werft AG, eine Tochter der Thyssen, baut vier U-Boote vom Typ U212. Rheinmetall AG und Heckler & Koch schließen mit Ankara Lizenzverträge über die Produktion von Maschinengewehren der Typen MG3, MP5 und G3A3.