Klagen und Übernehmen

Der Republikanische Hochschulverband verfeinert seine Strategie gegen studentische Selbstverwaltungsgremien
Von

So einfach können Träume sein: endlich deutschlandweit agieren zu können. Und noch einfacher können sie erfüllt werden. Am 18. April soll es soweit sein. Dann will der Republikanische Hochschulverband (RHV) in Stuttgart seine Bundesversammlung abhalten, eine endgültige Satzung verabschieden und einen neuen Vorstand wählen. Bereits zu Beginn dieses Jahres hatte sich der RHV als bundesweite Organisation konstituiert. Offizielles Ziel ist es nun, an "möglichst vielen Hochschulen in die Selbstverwaltungsgremien einzuziehen". Bisher hatten sich die RHV-Aktivisten darauf beschränkt, diese Gremien wegen der Wahrnehmung eines Politischen Mandats zu bekämpfen.

War noch der erste Versuch, einen RHV zu initiieren, 1990 an Animositäten mit der Mutterpartei Die Republikaner (Rep) gescheitert, kam der RHV im November 1996 dann doch in die Gänge. In der rechtsradikalen Wochenzeitung Junge Freiheit (JF) wurde per Kleinanzeige für den Aufbau einer "bundesweiten republikanernahen Hochschulgruppe" geworben und nach "Mitstreitern" gesucht.

Der RHV schien die Werbung nötig zu haben, denn die Organisation war bis dahin auf die Philipps-Universität Marburg beschränkt. Der Burschenschafter Eike Erdel, seinerzeit Rep-Vorstandsmitglied in Marburg, wurde mit dem Aufbau der Gruppe und der Ausarbeitung eines Hochschulprogramms betraut. Der Marburger Verband erklärte, den Aufbau einer bundesweiten RHV-Struktur vom Ergebnis der Wahlen zum Studierendenparlament (Stupa) in Marburg abhängig zu machen - und hatte Glück: 1997 zog der RHV in der Universitätsstadt mit zwei Sitzen in das Stupa ein. Seither konnte er sich dort behaupten.

"Allgemeinpolitisches Interesse ist wünschenswert, von einem verantwortungsbewußten Staatsbürger kann erwartet werden, an den das Gemeinwesen betreffenden Fragen lebhaften Anteil zu nehmen", heißt es im Hochschulprogramm der Organisation. Doch will der RHV fein unterschieden wissen, wer was darf und wer nicht: "Anders verhält es sich mit einseitig überzogener Wahrnehmung des politischen Mandats durch gewählte Studentenvertreter."

Seit Ende des Jahres 1996 wird deshalb der Marburger Asta mit Prozessen überzogen. Die Strategie ist immer gleich: Anhand einzelner Aussagen von VertreterInnen studentischer Gremien wird versucht, einen fehlenden Hochschulbezug nachzuweisen. Quasi von selbst ergibt sich für den RHV auch, daß dieser Bezug bei einem Feministischen Archiv, einem Friedensreferat oder einem Referat Homosexualität und Wissenschaft fehle. Marburger AntifaschistInnen sehen einen weiteren Grund für das Vorgehen des RHV: Seit einigen Jahren versuchen einzelne Asta-Referate über Burschenschaften und andere Korporationen sowie deren rechtsradikale Tendenzen aufzuklären.

Indes geht RHV-Chef Erdel mit gutem Beispiel voran und zeigt, welches "allgemeinpolitische Interesse" in seinen Augen wünschenswert ist. Gemeinsam mit dem Nazi-Terroristen Manfred Roeder nahm er zum Beispiel "lebhaften Anteil" an einer Demonstration Ende 1997 in Marburg gegen die Ausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944". Solche Auftritte kommen an: Der Chefredakteur der JF, Dieter Stein, spricht von seinem freien Autor Erdel mittlerweile als "Marburger Einzelkämpfer" und "Überzeugungstäter".

Nur schade, daß nicht alle sein Engagement so positiv werten. Das Personalamt der Bundeswehr entschied, wie die Nazi-Zeitschrift Nation & Europa Anfang 1998 berichtete, den begeisterten Soldaten Erdel künftig von Wehrübungen auszuschließen. Der Oberleutnant der Reserve stelle durch seine Rep-Aktivitäten "die Bereitschaft in Frage, sich als Soldat durch sein gesamtes Verhalten aktiv für die freiheitlich demokratische Grundordnung einzusetzen". Seither hat Erdel mehr Zeit, sich seinem Lieblingsthema zu widmen: einem Schnellkurs für rechte Asta-Gegner, den er Anfang diesen Jahres für die JF verfaßte.

Was mögliche Koalitionspartner oder Verbündete bei diesem Kampf angeht, ist man sich bei den Rechtsradikalen einig: Mit Vertretern des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), einem Ableger der Unionsparteien an den Hochschulen, seien bereits Gespräche geführt worden, berichtete die rechte Zeitschrift DESG-inform in ihrer Ausgabe 1/99 und berief sich dabei auf RHV-Kreise. Mit dem RCDS setzen die Nachwuchs-Republikaner auf einen Partner, der Erfolg hat: Im März dieses Jahres wurde der Asta der FU Berlin wegen "allgemeinpolitischer Äußerungen" vom Berliner Verwaltungsgericht zu einer Geldstrafe von 10 000 Mark verurteilt. Initiator der Klage war der Berliner RCDS. Zuvor waren bereits RCDS-Klagen gegen Asten in Bonn, Wuppertal und anderen Städten positiv beschieden worden.

Und doch sorgt nicht jeder Richterspruch für Freude in der rechten Studenten-Szene. Anfang März entschied das Verwaltungsgericht Bremen, daß der Verein Deutscher Studenten Bremen als "nationalistisch", "rassistisch" und "völkisch orientiert" bezeichnet werden darf. Aber es kam für die Korporierten und ihre Freunde noch schlimmer: Die Richter urteilten zudem, daß eine "Abgabe von Werturteilen" zu hochschulpolitischen Verbänden wie Korporationen zu den Aufgaben eines Asta gehöre.