ABM Goethe

"Wer immer strebend sich bemüht, / Den können wir erlösen". Ist das vom Arbeitsamt? Nö, von Goethen. Daß aber beider Stimmen manchmal schwer zu unterscheiden sind, ja, daß Fausts Streben auf gut deutsch Strebsamkeit heißt, hat Wali, eine Arbeitsloseninitiative aus Wetzlar, erkannt. In monatelanger Klein- und Handarbeit bedruckte sie T-Shirts, Taschen und Rucksäcke mit dem Motiv "Goethe vor einer Industrielandschaft", sie siebdruckte, aquarellierte, radierte und memorierte. Am 12. Juni heißt es dann im Lottehof zu Wetzlar: "Hier sind wir versammelt zu löblichem Tun". Die Wali richtet dann ein Goethe-Fest aus, mit allem, was so dazugehört: Kaffee und Kuchen, Kinderfest, Open-Air-Ausstellung und ein "Kultur-Brunch": Kommunalpolitiker lesen Goethe. "Es soll eine eine denkwürdige Feier werden", versprach eine Wali-Mitarbeiterin der Frankfurter Rundschau.

Die Gruppe hatte vor ihrer Goethe-Kleinkunst einen guten Erfolg mit einem Mundart-Konzert und dem Verkauf einer "Aktie der guten Tat". Als erfeulich gilt diesmal, daß in den letzten Wochen 20 Mitglieder die Gruppe verlassen haben, nicht weil sie zu den Müttern oder zu Muttern wollten, sondern weil sie doch noch einen "Job oder einen Umschulungsplatz" gefunden haben. Das ist ja auch der Sinn des strebsamen Tuns, das die Gruppe unter das Goethische Motto gestellt hat: "Die Bestimmung des Menschen ist Tätigkeit." Damit es am Ende nicht heißen möge: "Ich bin heruntergekommen / Und weiß doch selber nicht wie".