Bodentruppen aus der Luft

Operation Rambo, Teil II

Zum Auftakt des zweites Monats Krieg gegen Serbien hat die Nato ihre militärische, logistische und wirtschaftliche Zielliste erneut verlängert. Die Kommandanten hätten nun, so berichtete die FAZ am Montag, "erheblichen Entscheidungsspielraum für die Zerstörung hochwertiger Objekte"; Pentagon-Sprecher Bacon sprach gar von einer "neuen Klasse von Zielen". Die schließe auch Objekte ein, die eine "symbolische Abschreckungswirkung" haben könnten.

Die geplante Ausweitung des Krieges auf Elektrizitätswerke, Chemie- und Autofabriken und Fernsehstationen soll die bisher ausbleibenden militärischen Erfolge kaschieren: Während Sprecher der Belgrader Regierung die Schäden an der Infrastruktur des Landes auf hundert Milliarden Dollar beziffern und westliche Beobachter das Land "um Jahrzehnte zurückgebombt" (FAZ) sehen, gesteht die Allianz ein, die Handlungsfähigkeit der jugoslawischen Armee nur "mäßig beeinträchtigt" (Nato-Oberbefehlshaber Wesley Clark) zu haben.

Das soll nun anders werden. Ebenfalls am Sonntag trafen auf dem Flughafen der albanischen Hauptstadt Tirana jene 24 Apache-Hubschrauber ein, die das Nato-Hauptquartier in Brüssel schon vor Wochen angekündigt hatte. Nato-Oberbefehlshaber General Wesley Clark jettete nach Tirana, um die Apache-Besatzungen persönlich auf ihre Mission vorzubereiten.

Die Anwesenheit des Nato-Generals sollte ein Signal für den Auftakt der nächsten Kriegsphase sein. Immerhin baut Clark Albanien zum Aufmarschgebiet für Bodentruppen aus, die angeblich keine sein sollen: Auf Bestellung Clarks hat Nato-Generalsekretär Javier Solana weitere 2 000 Mann nach Albanien entsandt; diese werden noch in dieser Woche in Tirana ankommen. Das US-Kontingent wird damit auf 5 350 Mann aufgestockt, die offiziell nur zu einem Zweck in Tirana sind: um die 24 Apache-Hubschrauber zu beschützen.

Vielleicht aber ist es auch umgekehrt, denn die Apache-Hubschrauber wurden schon im Golfkrieg zum Schutz der Bodentruppen eingesetzt. Militärexperten behaupten, ein isolierter Einsatz der High-Tech-Geräte mache wenig Sinn. Dazu paßt, daß Wesley Clark eine noch viel längere Wunschliste militärischer Gerätschaften zusammengestellt hat: Er hat schwere Panzer, Artillerie und Luftabwehr-Raketen geordert. Ein bißchen viel Aufwand für den Schutz von 24 Hubschraubern.

Zwar wird bei jeder Gelegenheit über einen Nato-Einmarsch in das Kosovo spekuliert, doch dieser Einmarsch stößt an logistische Grenzen: Von Albanien aus, das bereits sein Einverständnis für einen Einmarsch der Nato-Truppen von seinem Staatsgebiet aus gegeben hat, sind die wahrscheinlich benötigten 30 000 Mann schwerlich über die Grenze zu jagen; das Gelände kommt den Jugoslawen zugute. Von Mazedonien aus aber ist ein Einmarsch schwer möglich: Die Regierung in Skopje weigert sich noch immer vehement, das Land als Basis der Nato für einen Bodenkrieg zur Verfügung zu stellen.

Für Kopfzerbrechen sorgt auch der Heimvorteil der jugoslawischen Bundesarmee im Kosovo: Nichts befürchtet die Nato mehr als einen langwierigen und viele Opfer fordernden Partisanenkrieg mit den örtlichen Militärs. Auch Nato-Strategen halten das Freikämpfen des Landes per Bodenstreitmacht für unmöglich.

Wahrscheinlicher dagegen ist die Verwendung des in Albanien stationierten Kontingents als Stoßtrupps. Schließlich rekrutiert sich die kleine Streitmacht in Albanien zum Teil aus Luftlandetruppen. Die könnten überall dort eingreifen, wo die jugoslawischen Einheiten gerade in der Offensive sind. Damit könnten die US-Einheiten als Partisanen erfolgreich sein und Opfer unter den Boys zumindest gering halten. Ein weiterer Vorteil einer solchen Variante wäre die Schnelligkeit: Während es noch einige Wochen dauern wird, bis Bodentruppen für einen flächendeckenden Einsatz in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen, wären die Stoßtrupps schon recht bald verfügbar.

An der nötigen Aufklärungsarbeit für einen solchen Einsatz dürfte es nicht mangeln: Nach Angaben der Militär-Zeitschrift Jane's Defence befinden sich einige Hundert Mann von speziell trainierten Nato-Truppen bereits im Kosovo, um Ziele für die Nato-Luftschläge zu markieren. Die Informationen der Aufklärungstrupps könnten aber zweifellos auch für die schnelle Eingreiftruppe wertvoll sein.