Schnee aus Ankara

Da hilft kein Rütteln an der Satellitenschüssel: Mitten im April schneit es plötzlich auf dem Bildschirm, und wo der Kinderliebling "Rindo" - Ernies Alter ego aus der kurdischen "Sesamstraße" - geblieben ist, kann auch Mutti nicht so leicht erklären. Denn seit knapp einem Monat ist der PKK-nahe Sender Med-TV ausgestöpselt und wird nach einem definitiven Urteil der britischen "unabhängigen Fernsehkommission" (ITC) nicht mehr auf Sendung gehen können.

Den Lizenzentzug hat die ITC letzte Woche damit begründet, daß Med-TV wiederholt Stellungnahmen veröffentlicht habe, die "möglicherweise die Zuschauer zu Verbrechen ermuntern und zu öffentlichem Aufruhr anstiften könnten". Gleichzeitig fühlte sich die Kommission genötigt zu betonen, daß es sich beim Lizenzverbot für Med-TV um eine "unpolitische" Entscheidung handele. Der erfolgreichste kurdische Sender, der seit 1995 von London aus über Satellit in ganz Europa, Nordafrika und im Mittleren Osten empfangen werden kann, taugt nach Einschätzung der türkischen Regierung nicht mal für den offenen Kanal.

"Terroristen TV", wie der Sender vom türkischen Establishment genannt wird, habe unmittelbar nach der Verhaftung von Abdullah Öcalan die Angriffsbefehle von PKK-Kommandanten gesendet und so die europaweiten Protestaktionen der Kurden mitorganisiert. Auch als ein Schweizer Kabelnetzbetreiber den staatlich kontrollierten Sender TRT durch Med-TV ersetzte, löste dies ein diplomatisches Scharmützel zwischen Ankara und Bern aus.

Ohne auf ein Verbot zu warten, hatte die türkische Regierung bereits zur Selbsthilfe gegriffen: Auf den Satellit "Orion" wurde kurzerhand ein Störsender angesetzt, was technisch aufwendig und nicht gerade billig war. Mit dem Urteil der ITC kann die Türkei nun wieder ausschließlich in Bodentruppen investieren. Und Rindo muß sich einen Platz zum Überwintern suchen.