Antifa heißt Draußenbleiben

Grünes Treiben

"Was treibt Europa?" fragt sich die Heinrich-Böll-Stiftung Thüringen, und meint wohl eher, wohin. Und für das Wohin ist bei der Parteistiftung von Bündnis 90/ Die Grünen ein special guest verantwortlich: der Münchener Rechtsanwalt Manfred Brunner, einst bayerischer Landesvorsitzender der FDP und EG-Kommissar in Brüssel, dann Gründer und Parteivorsitzender des rechtsextremen Bundes Freier Bürger (BFB) und seit März wieder FDP-Mitglied - diesmal in Sachsen, weil der bayerische Landesverband den ehemaligen Chef für "unerwünscht" erklärte.

"Quo vadis Europa?" heißt die entscheidende Frage, zu der Brunner am Freitag auf einer zweitägigen Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung mit Heide Rühle, Spitzenkandidatin der Grünen für die Landeswahl in Thüringen streiten soll. Rolf Düber vom DGB Thüringen und die PDS-Bundestagsabgeordneten Kersten Naumann sollten ursprünglich ebenfalls mit von der Partie sein, aber mit dem früheren EG-Kabinettschef wollten der Gewerkschafter und die Parlamentarierin nicht durch, nach oder gegen Europa treiben. Weil Brunner bei der Podiumsdiskussion im Augustinerkloster Erfurt als "von Demokraten akzeptierter Diskussionspartner glänzen kann", sagte Düber seine Beteiligung an der Tagung ab. Und auch Naumann möchte sich lieber nicht mit "Vertretern rechtsextremer Ansichten" unterhalten.

Martin Berger, der Geschäftsführer der thüringischen Heinrich-Böll-Stiftung, kann diese Entscheidung nicht nachvollziehen. Insbesondere, warum Brunner, den die Stiftung mehrere Jahre nach seinem Amt in Brüssel als Europaexperten geladen hat, weiterhin als "rechtsextrem gilt", versteht der Stiftungsführer nicht - schließlich hat der Parteivorsitzende "den BFB doch verlassen".

Und außerdem gibt es ja noch die grüne Spitzenkandidatin: "Heide Rühle wird Brunner entschieden entgegentreten", verspricht Berger. Und für solche demokratischen Spielchen, verteidigt auch die grüne Landessprecherin in Thüringen, Anne Voß, die Diskussion, ist die Parteistiftung schließlich da - "wo sollen solche Debatten denn sonst geführt werden?"

Daß die Heinrich-Böll-Stiftung dem nationalen Flügel der mit den Grünen um die moderne mittelstädische Wählerklientel konkurrierenden FDP soviel Raum gewährt, ist aber auch intern nicht unumstritten. "Die Meinungen über die Veranstaltung sind sehr gespalten", verrät Bundessprecher Albert Eckert. "Aber wir mischen uns da grundsätzlich nicht ein."

Und selbst Berger bezeichnet die geplante Veranstaltung als "Gratwanderung". Hauptsache, man bleibt auf dem rechten Weg.