Rudolf Schuster

»Meciar muß vor ein Gericht«

Seit vergangenem Samstag ist der 68jährige Rudolf Schuster slowakischer Staatspräsident. Mit der Wahl des SOP-Politikers (Partei der bürgerlichen Einheit) endet auch eine Periode recht seltsamer politischer Verhältnisse in der Slowakei: Seit dort im März 1998 Michal Kovac als Präsident abtrat, verfügte das Land nämlich über kein Staatsoberhaupt mehr. Das ist nun wieder anders: Schuster gewann mit 57 Prozent der Stimmen gegen seinen Herausforderer Vladimir Meciar. Im Land zwischen Donau und Tatra war Schuster zunächst Bürgermeister der ostslowakischen Metropole Kosice, wo er sich den Ruf eines effizienten Stadt-Managers erwarb.

Sie sind nun Präsident eines Landes, das erst langsam aus der Lethargie der Meciar-Ära aufwacht. Was wird denn Ihre erste Amtshandlung sein?

Schon in den nächsten Tagen werde ich mit dem Premierminister und dem Parlamentspräsidenten zusammentreffen und mich dafür einsetzen, daß die Regierungskoalition möglichst schnell ein neues Gesetz über die Verwendung der Minderheitensprachen verabschiedet. Darin ist garantiert, daß in jeder Gemeinde mit einem mindestens 20prozentigen ungarischen Anteil an der Einwohnerschaft auch Ungarisch als Amtssprache verwendet werden kann.

Nach vier Jahren nationalistischer Agitation der Meciar-Regierung werden Sie sich damit bei den slowakischen Bürgern nicht unbedingt beliebt machen. Immerhin hat man ihnen allerlei Ängste vor der ungarischen Minderheit eingebleut.

Aber die sind alle unbegründet. Meciar hat auch in diesem Wahlkampf immer wieder versucht, die ungarische Minderheit als Separatisten abzustempeln. Das ist Blödsinn. Die ungarische Partei in der Regierungskoalition war einverstanden, den Passus in den Koalitionsvertrag zu integrieren, der eine Autonomie der ungarischen Gebiete ausschließt. Aber natürlich müssen die Ungarn jene Rechte bekommen, die ihnen zustehen. Auch die Europäische Union fordert das vehement. Und ich sehe das als ersten Schritt, wieder unsere Beitrittsbemühungen voranzutreiben.

Bisher war die Slowakei damit nicht sehr erfolgreich. Die EU scheint darüber hinaus auch nicht gemerkt zu haben, daß es seit letztem September eine neue Regierung ohne Vladimir Meciar gibt. Was möchten Sie denn tun, um das den Brüsseler Spitzen begreiflich zu machen?

Schon alleine die Tatsache, daß es nun wieder ein demokratisch gewähltes Staatsoberhaupt gibt, ist ein deutliches Signal. Ich kann durchaus verstehen, daß man uns bisher nicht als funktionierenden Staat angesehen hat. Seit März 1998 gab es keinen Präsidenten mehr, vorher wiederum hat Premier Meciar mit Präsident Kovac nicht gesprochen, und die Institutionen haben sich gegenseitig blockiert. Das ist jetzt vorbei.

Mag schon sein, daß Sie sich mit der Regierung gut verstehen - schließlich ist Ihre Partei der bürgerlichen Einheit (SOP) selbst Teil dieser Koalition. Aber an der erbitterten parlamentarischen Feindschaft zwischen Regierung und Meciars Bewegung für eine demokratische Slowakei (HZDS) werden Sie doch auch nichts ändern können.

Doch. Ich muß einfach versuchen, die HZDS einzubinden. Wenn die Opposition eine Initiative setzt, die ich befürworte, werde ich das auch sagen. Ich will dafür sorgen, daß es mit der Polarisierung in diesem Land vorbei ist.

Ist es auch mit Ihrer persönlichen Polarisierung gegenüber Meciar vorbei?

Meciar wird in Zukunft keine so große Rolle mehr spielen. Schon in den letzten Wochen hat in seiner Partei eine Diskussion begonnen, ihn als Vorsitzenden zu entmachten. Durch die Niederlage bei diesen Präsidentenwahlen wird diese Diskussion wohl noch angeheizt. Und mit einer HZDS ohne Meciar kann man durchaus reden.

Was wird mit Meciar passieren?

Wenn er den Parteivorsitz verliert, ist das das Ende seiner politischen Karriere. Dann wird er sich zu verantworten haben für seine Machenschaften als Premier.

Vor wem denn?

Vor einem ordentlichen Gericht. Auch wenn er als Staatsgründer der Slowakei gilt, und auch wenn er Premier war: Vor Gericht wird ihm das nichts nützen. Es gibt einige Dinge, die es zu ahnden gäbe.

Sie wurden von Meciar bedroht, sein Geheimdienst SIS hat Sie bespitzelt. Hegen Sie Zorn gegen ihn persönlich?

Sehen Sie: Erst vor ein paar Tagen habe ich ein anonymes Drohschreiben erhalten, drei Patronen waren beigefügt. Ich weiß, was das heißen soll. Viel schlimmer aber ist, was Meciar dem Land angetan hat. Eines steht fest: Wenn er von einem ordentlichen Gericht verurteilt wird, werde ich von meinem präsidialen Privileg, ihn zu begnadigen, keinen Gebrauch machen.

Die Slowaken könnten Ihnen das aber übel nehmen. Schließlich steht es um die Slowakei heute wirtschaftlich schlechter als noch zu Meciars Zeiten.

Seit der Ex-Premier die Parlamentswahlen im September letzten Jahres verloren hat, redet er den Slowaken ein, die neue Regierung sei schuld an den ökonomischen Schwierigkeiten. Dabei ist das bloß das Erbe seiner Regierung. Erinnern Sie sich: Kurz nach den Wahlen schon habe ich Ihnen prophezeit, daß es so kommen wird und wir vorsichtig sein müssen. Ich kann nur immer wieder wiederholen, daß es unmöglich für die neue Regierung ist, in einem halben Jahr zu reparieren, was Meciar in vier Jahren angerichtet hat. Seine Privatisierungskampagne war ziemlich undurchsichtig, und durch die seltsamen Vergaberichtlinien hat der Staat sehr viel Geld verloren.

Die persönlichen Gewinne liegen nun auf ausländischen Bankkonten der Beteiligten. Wir werden noch einige Zeit brauchen, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Ich hoffe, daß auch die ausländischen Investoren mit meiner Wahl wieder zurückkehren. Sie haben uns bisher den Rücken gekehrt, weil das Land keine funktionierenden Institutionen hatte.

Der slowakische Außenminister Milan Kukan ist seit neuestem UN-Vermittler für das Kosovo. Sie wiederum haben sich sehr für einen Nato-Beitritt der Slowakei stark gemacht. Hat Ihnen das wegen des Kosovo-Krieges geschadet?

Ich weiß, daß mich das einige Stimmen gekostet hat. Natürlich ist vieles schiefgegangen beim internationalen Krisenmanagement. Die Uno hat schon vor Monaten versagt. Wenn es die Uno geschafft hätte, ein wirksames Embargo gegen Jugoslawien durchzusetzen, wäre dieser Nato-Schlag nicht nötig gewesen. Kofi Annan hat hier ungeschickt agiert.

Sie sind durch Ihre Liebe zum Singen populär geworden. Dürfen wir weitere CDs von Ihnen erwarten?

Ich wollte als Politiker singen, weil immer mehr Sänger Politiker werden. Aber als Präsident wird wohl Schluß sein mit dem Singen.