Antifa heißt Innovation

Ein Fall für Bisky

Was für eine wunderbare Vorstellung: Für den Antifaschismus ist von nun an die gute alte PDS zuständig. Jüngstes Beispiel: Am kommenden Wochenende soll im Berliner Bezirk Pankow gegen die Bundesgeschäftsstelle der Republikaner demonstriert werden. Federführend in der Vorbereitung sind ein "Antifaschistisches Aktionsbündnis III" aus PDS-nahen Jugendgruppen vor Ort, die Berliner PDS und ein paar andere Basisgrüppchen von Bayreuth bis Stralsund.

Die autonome Antifa dagegen hat mit den Protesten gegen Rechtsextremismus in dem nördlichen Bezirk wenig am Hut. Dabei würde sich gerade die Bundesgeschäftsstelle in Pankow anbieten, um dem Antifaschismus wieder zu seinem Recht zu verhelfen: Bei den Anwohnern erfreuen sich die Republikaner keiner besonderen Beliebtheit - zu einer Lichterkette im Dezember kamen mehrere Tausend Menschen -, und die Presse hat das Geschehen aufmerksam wie selten verfolgt.

Glaubt man den Organisatoren der Demo, haben auch die Volksgenossen von der NPD ihre Zelte in Pankow aufgeschlagen: In der Pistoriusstraße soll die Landesgeschäftsstelle Berlin-Brandenburg ihre Pforten öffnen. Schon jetzt ist der Bezirk Spitze, was beispielsweise Plakat-Aktivitäten der Nationaldemokraten betrifft. Und was die Zahl rechter Übergriffe auf der Straße angeht, spielt der Norden Berlins ebenfalls ganz vorne mit - nach einer Statistik des Berliner Abgeordnetenhauses geschieht rund jeder fünfte Überfall auf dem Territorium des zukünftigen Großbezirks Pankow-Prenzlauer-Berg-Weißensee.

Aber Antifaschismus ohne Antifa? Wenn die PDS den Job übernimmt, den Rechtsextremisten den öffentlichen Raum streitig zu machen, könnten sich die restlichen Linken mit gutem Gewissen anderen Aufgaben zuwenden. Zu tun gäbe es auch ohne Nazis genug. Man mache einen Kosovo-Kongreß in der TU, ein Sprecher des legendären "Radio Revolutionärer 1. Mai" mausert sich flugs zum neuen Rudi Dutschke, es werden viele synthetische Drogen genommen - alle sind plötzlich gegen Staat, Nation, Kapitalismus und Krieg. Fertig ist die neue Generation R(evolte).

Und die Rechten? Die werden von der PDS-Basis aus Pankow und Prenzlauer Berg verjagt und in die von der Anarchistischen Pogo Partei Deutschlands eingerichteten "Gewalt-Erlebnis-Parks" in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen verbracht, wo sie sich untereinander die Handkante geben können.

So gesehen, geht Berlin ab kommenden Samstag goldenen Zeiten entgegen. Wenn am Ende nicht doch alles anders kommt - und die Antifas den Termin schlichtweg verschlafen haben, statt sich in praktizierter Kontingenz zu üben: Schließlich kann alles immer auch anders sein, als es ist.

Berlin, Samstag, 12. Juni, 16.30 Uhr, U-Bhf. Eberswalder Straße