Rüge für rüde Türkei

Der Prozeß gegen den PKK-Führer Abdullah Öcalan hat auch den Rest von Europa wieder an den Kurden-Konflikt erinnert: Der Europarat hat vorigen Donnerstag der Türkei ernsthafte Menschenrechtsverletzungen gegenüber den Kurden vorgeworfen. Das Ministerkomitee beschuldigt die türkischen Sicherheitsbehörden, mit Mord, Folter und Zerstörung der Häuser gegen die kurdische Bevölkerung in den südöstlichen Provinzen des Landes vorzugehen. Erst auf dem EU-Gipfel in Köln hatten die Teilnehmer einen Beitritt der Türkei zur EU ausgeschlossen, bevor sich nicht eine Änderung der Kurdenpolitik abzeichne.

Mit der Rüge kritisiert der Europarat in Strasbourg zum ersten Mal einen seiner 41 Mitgliedsstaaten, zu denen die Türkei seit 50 Jahren gehört. Die Kritik dürfte auf taube Ohren stoßen bei der frisch gebildeten Regierungskoalition unter Bülent Ecevit, die sich erst am Vortag für eine konsequente Bekämpfung der kurdischen Autonomie-Bestrebungen ausgesprochen hat. Und die drohende Todesstrafe gegen Öcalan wird die erste Bewährungsprobe für die neue Koalition: Die türkische Verfassung sieht vor, daß das Parlament eine Exekution genehmigen muß.