Verspätete Kriegserklärung

37 Jahre hat Frankreich gebraucht, um zu erkennen, daß es in seiner ehemaligen Siedlungskolonie Algerien einen Krieg geführt hat. Bis heute wurde in den Schulbüchern immer von "Operationen zur Aufrechterhaltung der Ordnung" gesprochen. Der von 1954 bis 1962 dauernde Krieg hat nach unterschiedlichen Schätzungen 30 000 bis 60 000 Franzosen und zwischen einer und zwei Millionen Algeriern das Leben gekostet.

Die verspätete Kriegsanerkennung wurde am Mittwoch vergangener Woche einstimmig von der französischen Nationalversammlung beschlossen. Sie ging auf einen Gesetzesvorschlag sozialistischer Abgeordneter zurück, die als Wehrpflichtige im Algerien-Krieg gedient hatten und sich davon bis heute traumatisiert sehen. Im Gegensatz zu ihnen beharrten im Parlament allerdings einige Abgeordnete der chistdemokratisch-liberalen UDF darauf, daß man trotz des Beschlusses nicht von systematischen Verbrechen der französischen Militärs in Algerien ausgehen könne.