Antifa heißt Pause machen

Nach Hause

Wenn selbst die Tagesthemen über Neonazi-Aktivitäten im Internet berichten - und das auch noch eine Woche zu spät -; wenn selbst die FAZ Alltägliches zu Artikeln aufbläst ("Rechtsextreme Szene in Berlin wächst"); wenn selbst auf dieser Seite die action-Termine mangels Masse durch Anzeigen ersetzt werden müssen, ist es da: das Sommerloch.

Konzertveranstalter veranstalten plötzlich keine Konzerte mehr, Infoläden lassen das Informieren sein, Diskussionen werden aus dem autonomen Zentrum an den See oder noch besser ans Meer verlegt - falls man denn zusammen wegfährt.

So etwas soll es ja geben: Politische Bildungsreisen in die Türkei, nach Indonesien oder Südafrika. Das Ganze wird dann organisiert von Gewerkschaften, den JungdemokratInnen/Jungen Linken oder dem SJD Die Falken. Man klinkt sich da ein, bezahlt einen Haufen Geld, nervt sich in Bus, Zug oder Flieger mit Mitgliedern diverser Polit-Sekten herum und ist hinterher so schlau wie zuvor: Alle Ansprechpartner vor Ort waren eh nur Sozis, die nichts zu sagen haben, oder Trotzkisten, die vor lauter Kummer, irgendwann mal aus der Sozialdemokratie ausgeschlossen worden zu sein, nichts mehr sagen wollen. Schön ist das nicht.

Andere fahren zusammen zum Antirassistischen Grenzcamp, wahlweise an die deutsch-polnisch-tschechische oder an die deutsch-dänische Grenze. Dort verbinden sie das Angenehme (feiern, faul sein, Nazis jagen) mit dem Nützlichen (diskutieren, Kampagnen starten, Nazis jagen) und mit dem Ärgerlichen (diskutieren, von Nazis, aufgebrachten Bürgern und Grenzbeamten gejagt werden). Erholsam ist das nicht.

Doch auch allein oder in Kleingruppen reisende Antifas berichten hinterher meist gereizt oder verärgert über ihren Urlaub. Klar, der Strand in Griechenland war ganz toll, besser war es, auch mal schweigen zu können, wenn einem danach ist. Aber allein war es doch zu allein.

In der Kleingruppe hatte man sich vorher extra noch darüber verständigt, was alle Beteiligten vom Urlaub erwarten ("bloß in den Ferien keine politischen Diskussionen führen") und die unterschiedlichen Ansprüche formuliert. Dennoch wurde es dann beim kombinierten Wander- und Strandurlaub auf Korsika ganz anders.

Zum Beispiel bringen acht Stunden Bergwandern, jede und jeder so allein vor sich hin, ja verschiedene Fragen mit sich: Was machen wir als politische Gruppe denn als Nächstes? Was zum Kosovo-Krieg? Die CDU-Kampagne zur Doppelten Staatsbürgerschaft, die wegen des Krieges kaum diskutiert wurde? Berliner Republik, hmm? Tun den anderen eigentlich die Beine genauso weh wie mir? Diskutiert wird abends vor dem Zelt oder im Hotel dann doch. Und projektiert. Und beschlossen. Das zu machen, jenes zu lassen. So freuen sich schließlich alle auch wieder auf zu Hause.