Alternative Lebensformen

Fliegen in Berlin

Wer schon einmal von oder nach Berlin geflogen ist, weiß, daß die Flughäfen hier zu nichts nütze und allenfalls architekturhistorisch interessant sind.

Da ist zunächst der Flughafen Tempelhof, ein monumentaler Nazi-Bau, größtes zusammenhängendes Gebäude Europas, mitten in der Stadt gelegen. Keinen Kilometer entfernt von der Autonomenkneipe Ex, dem Schwulenzentrum Schwuz oder der Musikarena Columbiahalle. Dann gibt es den Flughafen Tegel - er kündet vom Stolz vergangener Tage, als Westberlin noch Inselstadt im roten Meer war. Nur hatte man damals vor lauter Volkswagenwahn vergessen, einen S- oder U-Bahn-Anschluß zu bauen.

Amüsant auch der Dritte im Bunde: der Flughafen Berlin-Schönefeld, der die Hauptstadt der DDR an das befreundete und nichtsozialistische Ausland anbinden sollte. Hier starteten wichtige Linienflüge nach Havanna oder in die mongolische Hauptstadt Ulan Bator, auch Charterjets nach Malta oder Mallorca sollen schon gesichtet worden sein.

Das ist ausbaufähig, dachten sich die Verantwortlichen in Berlin, Potsdam und Bonn und gründeten die Berlin Brandenburg Flughafen-Holding (BBF). Diese verkaufte das weite Feld in Schönefeld an ein Konsortium um den Baukonzern Hochtief, auf daß dieses der neuen Hauptstadt den Anschluß an die Welt bis zum Jahre 2007 schaffen sollte.

Daraus wird nun wahrscheinlich nichts. Grund ist etwas, das in Berlin so bekannt ist wie das schlechte Bier: der Berliner Filz. Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing sitzt nämlich nicht nur im Aufsichtsrat der BBF, sondern auch in dem der Bankgesellschaft Berlin, die am Hochtief-Konsortium beteiligt ist. Vettern- bzw. Nichtenwirtschaft nennt man das normalerweise. Das sah in der vergangenen Woche nach langem Prozeß auch das Brandenburger Landgericht ähnlich - jetzt muß die Privatisierung der BBF neu ausgeschrieben werden.

Obwohl sich die Konkurrenz in der halben Welt über so viel Berliner Blödheit lustig macht, glauben im Senat alle, daß es schon irgendwie weitergehen wird. Zur Not wird der neue Großflughafen eben in öffentlicher Regie gebaut. Nur wo die nötigen Milliarden herkommen sollen, das weiß niemand. Auch nicht, wie die akuten Liquiditätsprobleme der BBF in den Griff zu kriegen sind.

Dabei ist alles ganz einfach: In der anhaltinischen Provinz freut man sich schon riesig über die Pleite der Berliner Großmäuler. Denn hier ist genug Platz für den Stendal Berlin International Airport. Please, fasten your seat belts, bevor Sie landen, um die Baudenkmäler in Tempelhof, Tegel und Schönefeld zu besichtigen.