Ja, hingucken!

Die Idee muss dem Verteidigungsminister irgendwann zwischen Strategie-Sitzung im Nato-Rat und Gulaschsuppe bei der Truppe gekommen sein. "Wir dürfen nicht wegsehen", hat Rudolf Scharping seine eigenen Kriegserlebnisse in den schweren Stunden des Kosovo-Krieges betitelt. Und was ihn über drei Monate hinweg so aufwühlte, elektrisierte und empörte, will er nun auch anderen nicht mehr vorenthalten. Deshalb heißt es jetzt freie Fahrt an die Front - auf Kosten des Verteidigungsministeriums: Ab Mitte November bietet die Bundeswehr-Ausbildungsstätte in Hammelburg Spezialkurse für Kriegsreporter an.

Vier Tage lang werden dann ausgewählte Journalisten darauf vorbereitet, Scharpings starke Schützen in Krisenherde auf aller Welt zu begleiten: Nicht wegsehen, sondern hingucken lernen sollen die rasenden Reporter, wenn - ob nun in Grosny oder Dili, in Prizren oder Pale - Granatsplitter geflogen kommen, Schützengräben ausgehoben und Massengräber entdeckt werden. Und, wie schon im Krieg gegen das mörderische Regime Milosevics, steht die Menschlichkeit bei den militärischen Ausbildern ganz oben auf der Tagesordnung: In bestimmten Ernstfällen, so das Verteidigungsministerium, müsse die Erste Hilfe schon vor dem Exklusivfoto stehen. - Je nachdem, wie effektiv die Schulung läuft, sollen weitere Trockenübungen folgen.