Spart zwei, drei, viele Milliarden

Die deutsche Industrie setzt offenbar alles daran, die nächste Verhandlungsrunde über eine Entschädigung früherer NS-Zwangsarbeiter platzen zu lassen. Zwei Wochen vor dem Treffen der deutschen Vertreter mit der vom US-amerikanischen Vize-Außenminister Stuart Eizenstat geleiteten Delegation der Opferverbände und ihrer Anwälte wollen die deutschen Unternehmen von höheren Zahlungen in den Entschädigungsfonds weiter nichts wissen. Nachdem der Beauftragte der Bundesregierung für die Verhandlungen, Otto Graf Lambsdorff, letzte Woche noch erklärt hatte, dass er sich um eine Aufstockung des bisherigen Angebots von sechs Milliarden Mark bemühe, lehnte der Sprecher der Unternehmer-Stiftungsinitiative, Wolfgang Gibowski, eine Erhöhung erneut ab. Es sei "unverantwortlich, jetzt von einer höheren Summe zu reden, wo wir bislang noch nicht einmal die geplanten vier Milliarden zusammenbekommen haben". Die US-amerikanischen Anwälte und die Opferverbände hatten bereits bei der letzten Verhandlungsrunde in Washington das deutsche Angebot als völlig unzureichend zurückgewiesen (Jungle World, Nr. 41/99).

Dass es auch Lambsdorff nur darum geht, mögliche negative Folgen eines Scheiterns der Verhandlungen von den deutschen Unternehmen abzuwenden, machte jetzt die polnische Tageszeitung Rzeczpospolita öffentlich: "Die Beschäftigung von Ostarbeitern in der deutschen Landwirtschaft ist eine natürliche historische Erscheinung. Sie haben schon immer so gearbeitet und tun dies sogar heute", zitierte die Zeitung den deutschen Verhandlungsleiter. Schließlich arbeiteten auch jetzt noch, so Lambsdorff bei den Gesprächen in Washington, über 80 000 Polen in der deutschen Landwirtschaft - was dafür spreche, dass es sich dabei um den "dauernden Ausdruck derselben historischen Erscheinung" handele.