Trübe Quellen

Ein Koffer auf Reisen wurde ihm zum Verhängnis. Und die Stasi. Die nämlich stellte im Gepäck des als syrischer Diplomat getarnten Johannes Weinrich auf dem Berliner Flughafen Schönefeld 24 Kilogramm Sprengstoff sicher. Kurz darauf durchsuchten die Ost-Geheimdienstler das Hotelzimmer des Mannes und fanden detaillierte Anschlagpläne der so genannten Carlos-Gruppe. Weinrich wollte sich mit der Beschlagnahme des Spreng-Materials nicht abfinden und forderte die Rückgabe. Mit Erfolg: Er erhielt den Koffer mit dem explosiven Stoff zurück und deponierte ihn vorübergehend in der syrischen Botschaft in Ostberlin. Wenig später explodierte das Zeug in dem im damaligen Westberlin gelegenen französischen Kulturzentrum Maison de France. Die Konsequenzen: Ein Besucher wurde getötet, 26 Personen zum Teil schwer verletzt. So lautet zumindest die Version, die sich der Berliner Oberstaatsanwalt Detlev Mehlis von den Ereignissen um den 25. August 1983 zu Eigen machte. Vergangene Woche nun forderte der Strafverfolger nach einem vierjährigen Prozess gegen Weinrich eine lebenslängliche Freiheitsstrafe. Für den »Privatkrieg« der Carlos-Gruppe müsse der 52jährige, der früher dem internationalistischen Flügel der Revolutionären Zellen zugeordnet worden war, zudem wegen besonderer Schwere der Schuld verurteilt werden, um eine Entlassung nach 15 Jahren zu verhindern. Weinrichs Verteidiger Stefan König plädierte auf Freispruch. Schließlich habe die Anklage aus »trüben Quellen« geschöpft. Das Urteil soll im Januar gesprochen werden.