Alternative Lebensformen

Terrier-Terror

Auf der Wiese verbreiten sie Unruhe, auf der Straße stehen sie im Weg, im Freibad kauen sie auf leeren Bierbüchsen herum, und selbst in der Kneipe glotzen sie einen an, als habe man Speck in den leeren Taschen. Kampfköter sind überall, und nirgendwo gehen die Viecher, wie es sich gehörte, an der Leine spazieren, die fiese Fresse hinter einem stählernen Maulkorb versteckt. Oder wenigstens einem aus Leder - am besten aus Hundeleder.

Natürlich haben diese Mutanten nichts zu fürchten. Wer wäre auch so dämlich, die Hand zu heben, wenn sie die Zähne fletschen? Ein Sprung, ein Haps und zack isser dran, der Köter - am Arm. Und der ist dann ab nach einer Weile. »Verbissen« heißt das im Fachjargon. »Ein dreijähriger Bullterrier hat sich gestern in den Arm eines Spaziergängers verbissen«, berichtet hinterher der Lagedienst der Polizei.

Okay, wenigstens war es nicht die Kehle. Aber muss das alles sein, muss man den hässlichsten Köter schön finden, nur weil der einem guten Bekannten gehört? Nicht das Auto, nicht das Handy und nicht die Marken-Jeans ist das Statussymbol, sondern der Köter. Das ist kein Wunder, denn das Vieh ist so, wie der Besitzer oder die Besitzerin sein wollen: bissig, sportlich, tough. Wow! - oder besser: Wau!

Die Ausrede, jene Menschen mit dem IQ eines Hundes seien schuld, weil sie nichts mit sich anzufangen wüssten und deshalb einen Köter bräuchten, um ihrem Leben einen Sinn zu geben, zählt nicht. Denn die Köter sind das Problem. Sie beleidigen allein mit ihrem Namen den guten Geschmack: Staffordshire Bullterrier, Mastino Napoletano, Bullmastif, Tosa-inu und spanische Dogge wären noch das geringste Problem, aber sie lassen sich ja »Rocky«, »Blacky«, »Batman«, »Doggy« oder schlicht »Pitty« rufen.

That's a pity - denn sie sind Bestien: Sie verwandeln jeden Gehweg in eine Rutschbahn, selbst wenn es nicht schneit, sie pissen in jeden Hauseingang, auch wenn sie nüchtern sind, und sie sorgen dafür, dass es im Laden an der Ecke mehr Sorten Hundefutter als Bier oder Brot gibt. Schluss damit! Schluss mit dem Terrier-Terror!

Dabei aber kann man sich auf niemanden mehr verlassen. Lang und breit wird darüber diskutiert, ob man die Steuern für jene erhöhen soll, die ohne Bestie nicht leben zu können glauben. Als Abschreckung, heißt es, aber das funktioniert nicht. Denn allgemein gilt: Wer Köter versteuert, ist bescheuert.

Fast alles lässt sich im Kapitalismus über Geld regeln, nur das Köterproblem nicht. Also hilft nur Eigeninitiative. Und etwas Chemie! Ein Spielzeugknochen für jede beißfreudige Bestie, mit Schlafmittel getränkt - das wäre doch eine nette Abwechslung für die spanische Dogge. Vor allem ihre letzte: Fass, Rocky!