Wohnungsstreit in Halle

National befreite Platte

Aufruhr in einem frisch sanierten Wohnhaus in Halle-Neustadt: Eigentlich sollte das iranische Ehepaar mit vier Kindern in der letzten Woche endlich die neue Wohnung beziehen. Mit der Verwalterin war alles geklärt, die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaf (GWG) hatte den Mietern bereits eine mündliche Zusage erteilt. Doch zur Unterschrift unter den Mietvertrag kam es dann nicht mehr.

Was war geschehen? Vier deutsche Miet-Parteien im Haus hatten mit ihrem Auszug gedroht, sollte die Familie einziehen. »Vertrauend auf die Zusage«, dass es »zu keiner Vermischung mit ausländischen Mietern« kommen werde, habe man die Sanierung über sich ergehen lassen. Nun fühlen sich die Briefeschreiber durch die Wohnungsvergabe an die iranische Familie »hintergangen«. Sollte die GWG nicht nachgeben, drohten sie mit Zivilklagen.

Die GWG reagierte sofort: Der Mietvertrag für die iranische Familie wurde nicht unterschrieben. Nachdem das Eine-Welt-Haus Halle und der Ausländerbeauftragte der Stadt den Fall öffentlich machten, bestritt GWG-Geschäftsführer Udo Mittinger zwar, dass es jemals eine Zusage gegeben hätte, das Haus zur national befreiten Zone zu machen. Stolz verwies Mittinger darauf, dass sich unter den Mietern ja auch eine Aussiedlerfamilie aus Russland befinde. Und der Anteil der Ausländer und Spätaussiedler in den 13 000 GWG-Wohnung Ausländer und Spätaussiedler betrage fünf Prozent. »Der Zuzug der iranischen Familie« jedoch, so Mittinger, »hätte zu einer Konfrontation mit unabsehbaren Folgen geführt»: Man müsse eben anerkennen, dass »die Toleranz gegenüber Anderen immer geringer wird«. Aufgabe der GWG sei es lediglich, so zu vermieten, dass die Hausgemeinschaften funktionierten und ein vernünftiges Miteinander möglich sei. Wie gut, dass bei der GWG Toleranz gegenüber Rassisten offenbar noch als Tugend gilt.

Doch was längst gängige Praxis ist, will man auf höherer Ebene nicht mehr gutheißen. Sachsen-Anhalts SPD-Bauminister Jürgen Heyer stoppte letzte Woche die Bearbeitung eines GWG-Fördermittelantrags, bis für die iranische Familie eine Lösung gefunden sei. Ausländer seien in Sachsen-Anhalt nicht nur als Investoren willkommen, verkündete der Minister - »Menschen aller Herkunft« sollten »hier auch wohnen und sich wohl fühlen können«.

Zunächst reagierte man bei der GWG mit Trotz auf die Sanktionsdrohungen. GWG-Geschäftsführer Mittinger verkündete, zunächst das Gespräch mit den Briefeschreibern zu suchen. Sollten diese bei ihrer Ablehnung bleiben, werde die GWG der iranischen Familie eine andere Wohnung zur Verfügung stellen.

Inzwischen scheint die parteiübergreifende Empörung und der drohende Verlust öffentlicher Gelder jedoch Wirkung gezeigt zu haben. Am letzten Freitag hieß es in der Regionalpresse, die iranische Familie könne nun doch in die ursprünglich vorgesehene Wohnung einziehen. Fragt sich nur, was sich die deutschen Nachbarn als nächstes einfallen lassen.