Darkwave-Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung

Pädagogik für Gothics

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat eine Studie über »Rechtstrends« in der Darkwave-Szene vorgelegt. Mit Jugendschutz und Aufklärung soll es gegen den Rechtsextremismus gehen.

Es hat lange gedauert, bis die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Berlin Wind von den braunen Kameraden in der schwarzen Szene bekommen hat. Jetzt aber will die CDU-nahe Stiftung »Überzeugungsarbeit« leisten, denn ein Teil der Szene betreibe »ungehemmt und weitgehend ungestört den Boykott demokratischer Prinzipien und Tugenden«.

Vorvergangene Woche hat Daniela Tandecki, wissenschaftliche Mitarbeiterin der KAS, ihre Studie vorgestellt: »Nachtsaiten der Musik, Grauzonen und Braunzonen in der schwarzen Musikszene«. Offenbar hat sie die Darkwave-Szene als kulturpolitisches Kampf-Terrain für Konservative ausgemacht: Für die Demokratie und gegen den Rechtsextremismus in der schwarzen Subkultur soll gekämpft werden. Mit Informationen und Pädagogik. Wenn es sein muss, auch mit Indizierungen und Verboten. Denn man habe es keinesfalls mit einem »marginalen Problem« zu tun, wie Tandecki bei der Präsentation der Studie betonte.

»Im Vordergrund« der Studie soll die Aufklärung stehen: »Nicht nur über Rechtstrends, sondern auch über die 'Schwarzen', die eigentlich friedliebend und keinesfalls unkritisch sind.« Eigentlich? - Ein Großteil der Szene begebe sich auf eine »esoterisch-okkulte Sinnsuche«, so umschreibt Tandecki den »Satanismusvorwurf«, der vielen Konservativen als erstes bei Grufties einfällt. Weil diese »Wärme und Verständnis« vermissen, seien sie besonders anfällig für rechte Propaganda, hieß es bei der Veranstaltung.

Wenn psychosoziale Ursachen für Affinitäten zu faschistischem Denken herhalten müssen, wundert es kaum, dass die »Grauzonen«, wie sie im Titel der Studie angekündigt werden, nur ein Randthema sind. Zum Problem werden so die »anfälligen« Jugendlichen erklärt - hier hilft die Sozialarbeit. Auf der anderen Seite gibt es den harten Rechtsextremismus - hier darf der Staat polizeilich intervenieren. Es ist nur folgerichtig, dass neonazistische und rechtsextreme Bands sowie ihre Verbindungen untereinander umfangreich beschrieben werden: Gruppen wie Death

In June, Allerseelen, Blood Axis und Sol Invictus tauchen auf; ebenso Bands aus dem Death-Metal-Bereich, den die Autorin auch zur Schwarzen Szene zählt, beispielsweise die neonazistische Band Burzum um den verurteilten Mörder und Brandstifter Varg Vikerness.

Die komplexer angelegten Infiltrationsstrategien »neurechter« Kulturkämpfer, die an der Instrumentalisierung der Darkwave-Szene arbeiten, werden hingegen kaum thematisiert. Mit gutem Grund, denn an einer Gestalt in diesem Bereich kommt man kaum vorbei: Roland Bubik, der Mitte der Neunziger in der rechtsextremen Wochenzeitung Junge Fre'heit - die Tandecki als »rechtslastig« verharmlost - die Gothic-Szene zu vereinnahmen versucht hatte. Bubik war früher ein Funktionsträger des christlich-sozialen Deutschland Forums und Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung. Über rechte »Kulturkämpfer« heißt es in der Studie nur knapp: »Vom plumpen Überrennen feindlicher Linien halten die Neuen Rechten nämlich gar nichts. Schleichende Infiltration dagegen beherrschen sie meisterlich.«

Ob damit auch der »fließende Übergang« zwischen einfachen Gothics und rechtsextremen Segmenten der Szene gemeint ist, den Ole Seelenmeyer, Vorstandsmitglied des Deutschen Rock- und Popmusikerverbandes bei der Vorstellung der Studie erwähnte? Mit fließenden Übergängen zum Rechtsextremismus dürfte er sich auskennen. 1994 hatte Seelenmeyer in der Zeitschrift Rockmusiker Deutschland als ein kulturell »besetztes Land« bezeichnet. Die Aufgabe des Deutschen Rock- und Popmusikerverbandes sei es, »diesen 'kulturellen Genozith' (sic!) den Politikern, den Künstlern und der Bevölkerung bewußt zu machen« (Rockmusiker, 2/94).

Wer an der Nationalisierung der Popkultur arbeitet, sollte sich über die partiellen Erfolge rechtsextremer Kulturkämpfer in der Darkwave-Szene nicht wundern. Seelenmeyer will aber nicht nur gegen Rechts kämpfen: Zwar meint auch er, dass vor allem »die Gewalt« das größte Problem sei, den Linksextremismus dürfe man aber nicht vergessen.

Nicht ganz so lustig ist indes der Teil der Studie, in dem sich Tandecki mit der so genannten »Teutonenwelle« beschäftigt: Ein altbekannter Kamerad taucht hier auf, der Überzeugungstäter und Ex-Weißglut Sänger Josef Maria Klumb (Jungle World, 3/99). Aus der Studie geht zwar hervor, dass Klumb ein Rechtsextremer ist, nicht jedoch, dass er als brauner Kulturkämpfer eine Schnittstelle zwischen organisiertem Rechtsextremismus und der Subkultur besetzt hatte.

Als Lektüre-Tipp empfiehlt Tandecki »Letzte Ausfahrt: Germania - Ein Phänomen namens Neue Deutsche Härte«. Der Autor Wolf-Rüdiger Mühlmann, freier Mitarbeiter der Musikzeitschrift Rock-Hard, versucht sich darin an einer öffentlichen Rehabilitierung von Klumb und verharmlost dessen Antisemitismus: »Daß er ein Rassist und ein Antisemit sein soll, wäre von Klumb's Anklägern nach wie vor zu beweisen.« Zudem kolportiert Mühlmann die Klumbsche Verschwörungsthese, der Publizist Alfred Schobert habe unter »verschiedensten Pseudonymen« an der »Zerstörung der künstlerischen Existenz« (Junge Feiheit, 07/99) von Klumb gearbeitet.

Aber nicht nur auf Mühlmann wird verwiesen, sondern auch auf eine Broschüre der Bremer DJ Initiative Grufties gegen Rechts: »Mit der Zeit entstanden Gruppen von antifaschistisch engagierten Grufties in ganz Deutschland«. Sind diese mittlerweile zu HoffnungsträgerInnen der Konrad-Adenauer-Stiftung geworden? Sicher nicht, die verbale Vereinnahmung dürfte eher der Versuch sein, Teile der Schwarzen Szene von der Notwendigkeit staatlicher Interventionen in ihre Subkultur zu überzeugen.

Übertreiben will man es mit der Ablehnung des Rechtsextremismus auch wieder nicht. Nach Ansicht des kultur- und medienpolitischen Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Norbert Lammert, ist nämlich der Nazismus in Teilen dieser Subkultur lediglich ein Nebenschauplatz. Politisch relevant hingegen sei »die Gewalt«. Den Beleg für das Gewaltpotenzial der Schwarzen Szene hatte er gleich parat: Eine Statistik des Innenministeriums, nach der die Zahl der Besucher bei Skinhead-Konzerten im letzten Jahr deutlich zugenommen habe.