NPD-Großveranstaltung in Passau

Nazis in Bewegung

In Passau will die NPD am Wochenende nicht nur eine Großveranstaltung abhalten, auch an den Gegenveranstaltungen will sie teilnehmen.

Nicht nur die eigenen Veranstaltungen haben es ihnen angetan. Unter dem Motto »Bewegung muss Partei ergreifen« mobilisiert die NPD erneut zu einer Großveranstaltung in die Passauer Nibelungenhalle. Zudem aber hat die Partei angekündigt, mit ihren Mitgliedern und SympathisantInnen auch an Gegenveranstaltungen teilnehmen zu wollen.

Da die Gegenkundgebung der Stadt Passau traditionell in zeitlichem Sicherheitsabstand zur rechtsextremen Veranstaltung stattfindet, geraten die Neonazis dabei nicht einmal unter Zeitdruck: Gegen 18 Uhr am Vorabend der NPD-Veranstaltung hält Passaus OB Willi Schmöller eine Rede am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus.

Die NPD hat ebenfalls ihre Teilnahme angekündigt, um mit den »von den Medien verhetzten« Passauer BürgerInnen zu diskutieren. »Wir hoffen, genug Leute mobilisieren zu können, um mit jedem Teilnehmer der Anti-NPD-Veranstaltung persönlich diskutieren zu können,« erklärte Michael Praxenthaler, der bayerische NPD-Pressesprecher der Passauer Neuen Presse.

Die Kundgebung abzusagen ging dann sogar der sonst eher auf Konfliktvermeidung setzenden Stadtverwaltung zu weit. Auch die Antifaschistische Aktion Passau wollte da nicht zurückstehen. Trotz grundsätzlicher Kritik am städtischen Antifaschismus hat die AA Passau angekündigt, Neonazis von jeder Gegenveranstaltung abhalten zu wollen. Langweilig verspricht es also schon am Vorabend nicht zu werden.

Selbst bei der Evangelischen Studentengemeinde, wo Pfarrer Gereon Vogel am kommenden Freitag ein Seminar über Propagandafilme am Beispiel »Der ewige Jude« abhält, haben sich die Rechten angemeldet. Die Ankündigung der NPD hat Vogel jedoch gelassen zur Kenntnis genommen: Nur Universitätsangehörige seien zum Seminar zugelassen. »Selbstverständlich werden Studentenausweise kontrolliert.« Eine Teilnahme von Neonazis komme nicht in Frage, betont der Pfarrer.

Damit der große Tag der NPD kein Flop wird, schwört bereits seit Monaten eine ganzseitige Anzeige im NPD-Organ Deutsche Stimme die Parteimitglieder auf den »zweiten Tag des nationalen Widerstandes« ein. Ein Hochglanz-Flugblatt wurde gedruckt und verteilt, Anzeigen in anderen Publikationen wie Nation & Europa geschaltet und sogar eine eigene Internetseite zu diesem Thema ins Netz gestellt. Die hat inhaltlich nur wenig mehr als das Flugblatt zu bieten, koordiniert aber zentral die Organisierung von Bussen aus allen Bundesländern.

Angekündigt wird der Termin auch in den HNG-Nachrichten. Eine eher untergeordnete Rolle haben bislang die Infotelefone in München eingenommen: Sowohl das »Nationale Infotelefon Bayern, die unabhängige Stimme des nationalen und volkstreuen Widerstandes« von Friedhelm Busse als auch das »Nationale Infotelefon der NPD Bayern« kündigen die Großveranstaltung wohl erst kurz vor ihrem Beginn an.

Als Hauptredner sind diesmal der NPD-Parteivorsitzende Udo Voigt, der Rechtsanwalt Horst Mahler und Wilfred von Oven, ehemaliger Pressereferent des NS-Reichspropagandaministers Joseph Goebbels, angekündigt. Von Oven ist auch heute noch im rechtsextremen Spektrum aktiv. Ende der siebziger Jahre übernahm er die Chefredaktion von Deutschland in Geschichte und Gegenwart, einer Publikation aus dem Tübinger Grabert-Verlag. Rechten Organisationen wie der Gesellschaft für freie Publizistik oder dem Jungkonservativen Club steht er immer wieder als Redner zur Verfügung.

Wie bei gewöhnlichen NPD-Kameradschaftsabenden ist für die Rechten auch musikalisch gesorgt: Auftreten werden der unvermeidliche »nationale Liedermacher« Frank Rennicke, eine Volkstanzgruppe, eine bayerische Blaskapelle und Ex-Skrewdriver-Gitarrist Stigger aus England, der allerdings nur mit einem »Balladenprogramm« aufwartet.

Wie bereits im Februar 1998 hat sich auch diesmal wieder ein Bündnis in Passau formiert, das sich die Blockade der Zufahrtstraßen zur Nibelungenhalle zum Ziel gesetzt hat. Zwar konnte die Veranstaltung vor zwei Jahren nicht verhindert, aber doch immerhin empfindlich gestört werden. Rund 2 000 Menschen hatten damals an den Aktionen teilgenommen und den Beginn der Veranstaltung um Stunden verzögert.

Daran soll in diesem Jahr angeknüpft werden: Aus dem Protest der Passauer BürgerInnen ist die Bundesweite Aktion Zivilcourage geworden. Rechtzeitig um acht Uhr morgens sollen bereits die Zufahrtstraßen zur Halle gewaltfrei blockiert werden. Für den Nachmittag hat ein Bündnis unter dem Motto »Passau gemeinsam für Demokratie ohne Rassismus« einen Sternmarsch geplant, der mit drei verschiedenen Auftaktkundgebungsorten allen AntifaschistInnen die Gelegenheit zum Protest geben soll: Am Rathaus treffen sich die Antifas, am Europaplatz sammeln sich die Passauer Demokraten und das Komitee für Kritische Öffentlichkeit und am Mahnmal für NS-Opfer finden sich Vertreter und Anhänger der Kirchen, Parteien, Gewerkschaften und Verbände ein.

Alle drei Stränge des Sternmarsches treffen sich schließlich zu einer gemeinsamen Kundgebung am Ludwigsplatz, wo Michel Friedman, der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, und Peter Gingold vom VVN Frankfurt als Redner angekündigt sind.

Was die vielfältigen Gegenaktivitäten in Passau nun noch brauchen, sind zahlreiche TeilnehmerInnen an der Blockade, dem Sternmarsch und der Kundgebung: Dann besteht eine realistische Chance, der NPD die wohl größte Nazi-Veranstaltung in diesem Jahr zu vermasseln.