Alternative Lebensformen

Allein machen sie dich ein

Ich bin Bürgerdeputierter in Berlin-Kreuzberg. Und zwar für die PDS. Vergangene Woche wollte ich diese Aufgabe hinschmeißen. Zumindest hatte ich diesen Schritt angekündigt. Ich wollte erst mal sehen, was dann passiert, wie die Leute darauf reagieren - inner- und außerhalb der Partei.

Beim Landesverband der Grünen gibt es immer wieder Leute, die mich dazu aufgefordert haben, mein PDS-Amt aufzugeben. Die Grünen haben wohl immer noch nicht verkraftet, dass ich im letzten Jahr bei ihnen ausgetreten bin und die Partei gewechselt habe. Grundsätzlich kann ich mir natürlich auch vorstellen, mit einigen unzufriedenen Leuten von dort etwas zu machen - z.B. eine neue Partei zu gründen.

Erst mal aber bleibe ich Bürgerdeputierter der PDS. Bisher habe ich zwar fast gar nichts erreicht. Das lag zum Teil auch daran, dass ich mich zu sehr zurückgezogen habe. Ich will jetzt mehr auf Leute zugehen, eine Bürgersprechstunde einrichten. Und zwar nicht nur auf die Leute, die in der PDS sind. Ich würde gern eine Art politischen Stammtisch in der Szenekneipe »Ex« veranstalten. Da sollen alle Linken kommen und diskutieren können.

Momentan arbeiten die meisten gegeneinander, hacken z.B. auf der Antifaschistischen Aktion Berlin herum. Dabei müssten wir planen, was wir in Kreuzberg gemeinsam machen wollen. Wir sollten uns wieder das Recht erkämpfen, unsere Unzufriedenheit auf die Straße zu tragen. Dazu erwarte ich dann eine breite Unterstützung von Antifas und Autonomen.

Denn hier bei uns im Kiez, da ist es leider viel zu ruhig geworden. Es gibt weniger Demos als früher - damals war es schon besser. Heute gehe auch ich nicht mehr auf jede Demo, weil ich nicht weiß, was es überhaupt bringen soll.

Als Bürgerdeputierter will ich, dass die Leute immer zu mir kommen, wenn es Konflikte im Kiez gibt. Meist bringt es nämlich eine Menge, wenn man miteinander diskutiert. Aber wenn ich mit Menschen auf der Straße spreche, merke ich auch, dass die Unzufriedenheit sehr groß ist. Hier in Kreuzberg gibt es viel zu verändern und die Bezirkspolitiker der Grünen versäumen es, das zu tun. Das Kottbusser Tor muss unbedingt verschönert werden und es müssen Druckräume für Junkies her.

Ich weiß, dass es Leute gibt, die nicht gerne mit der PDS zusammenarbeiten wollen. Aber das kann ich nicht verstehen. Natürlich habe ich manchmal Meinungsverschiedenheiten mit den Genossen. Wenn ich denen dann erkläre, was mir nicht passt, dann verstehen die das.

Perspektivisch möchte ich mehr Verantwortung in der Partei übernehmen, gerade nachdem Gregor Gysi seinen Rückzug angekündigt hat. Ich möchte z.B. dabei sein, wenn in der Kreuzberger Bezirksverordnetenversammlung mit anderen Parteien verhandelt wird.

Von Grünen und SPD verlange ich allerdings, dass sie mehr auf die PDS zugehen. Sonst haben wir hier in Berlin auf ewig die Große Koalition. Und das will ich nicht.

Der Autor ist Bürgerdeputierter der PDS in Berlin-Kreuzberg.