NPD-Verbot

Von Beckstein lernen

Ein Verbot der NPD kann zur Eindämmung des Rechtsradikalismus beitragen.

Bayerns Innenminister Günther Beckstein hat ein Verbot der NPD vorgeschlagen. Ein starker Staat soll die Liebhaber eines starken Staates in ihre Schranken weisen. Beckstein begründet seinen Vorschlag so: »Auch der Ausländer, der vielleicht morgen abgeschoben wird, soll sich heute noch auf unseren Straßen sicher fühlen können.« Die Aussage verdeutlicht das Prinzip des Rechtsstaates. Sein Gegenteil, die Barbarei der Rechtsradikalen, hat seit 1990 über hundert Menschen das Leben gekostet. Der Widerstand der so genannten Zivilgesellschaft lässt seitdem auf sich warten. Die wenigen, die den rechten Terror bekämpfen, sind politisch bedeutungslos, schlecht trainiert - und werden, wie Antifa-Gruppen, gerne von der Exekutive kriminalisiert. Ein Verbot der NPD muss also danach beurteilt werden, ob es hilft, den Boom der extremen Rechten zu stoppen.

Die NPD hat sich in den vergangenen Jahren als Flaggschiff der Rechtsradikalen etabliert. In ihren Veröffentlichungen sind jene Brand-Sätze nachzulesen, die in Ludwigshafen oder Erfurt zu realen Brandsätzen vor jüdischen Synagogen oder in Kinderzimmern werden. Auf Veranstaltungen der »nationalen Weltanschauungspartei« besorgen sich die Kieferbrecher die Gewissheit, mit ihren Verbrechen eine historische Mission zu erfüllen. Die Propaganda der Ungleichheit, vorgetragen von der NPD, sorgt dafür, dass die Täter auch morgen noch kraftvoll zuschlagen.

Die Garantie der NPD-Politik durch das Parteienprivileg trägt außerdem dazu bei, den Faschismus in Deutschland zu normalisieren. Der legale Status der NPD bestätigt die zirka 20 Prozent der Bevölkerung mit rechtsextremen Weltanschauungen darin, nur eine Meinung unter anderen zu vertreten. Die NPD ist die einzige Partei, die diesen Rassismus in naher Zukunft in den Parlamenten vertreten könnte. Ein solcher Erfolg würde den Zugriff der Rechtsradikalen auf finanzielle Ressourcen ausweiten, ihre reale Macht vergrößern und zur größeren Akzeptanz ihrer Wertvorstellungen in der Öffentlichkeit beitragen.

Ein Verbot der NPD hätte daher durchaus angenehme Implikationen.

Erstens: Es wäre eine Botschaft an die rechtsradikalen Mitläufer, codiert in der einzigen Sprache, die sie verstehen - Strafe, Ausgrenzung, Drohung. Dem Argument einer Ablehnung seitens der Mehrheitsgesellschaft wird sich so manch autoritär geprägter Charakter nicht verschließen können. Die überwältigende Mehrheit der NPD-Mitglieder wird nicht in den Untergrund abwandern, sondern vors Bierglas und den Fernseher. Abschreckungsmaßnahmen könnten damit den Schrecken bei denjenigen mindern, unter denen der Terror schon jetzt fast monatlich Opfer fordert: Ausländer, Obdachlose, Punks.

Zweitens: Ein Verbot wäre ein empfindlicher Einschnitt in die strukturellen Möglichkeiten der Rechtsradikalen. Für ein Konzept des führerlosen Widerstandes - wie es seit den letzten staatlichen Verboten gerne propagiert wird - fehlen den Rechtsradikalen der lange Atem und die intellektuellen Kapazitäten. Nicht zufällig sind die Kader der militanten Neonazi-Szene in den letzten Jahren in die NPD eingetreten. Propaganda und politische Praxis wären, von Trotzreaktionen abgesehen, wenigstens vorläufig behindert.

Drittens: Ein Verbot wäre ein Punktsieg im Kampf um die kulturelle Hegemonie, also um die gesellschaftliche Zulässigkeit von Begriffen und Meinungen. Es könnte nicht nur dazu beitragen, dass auch Polizei und Justiz das Problem Rechtsextremismus in Zukunft so ernst nehmen müssen, wie es ist. Ein Verbot könnte darüber hinaus dazu nützen, jene Signale aus der Politik zu verringern, die den alltäglichen Rassismus mit unangenehmer Regelmäßigkeit bestätigen.

Die Appeasement-Politik der Linken gegenüber der NPD ist deshalb nur noch peinlich. Im Namen von Meinungsfreiheit oder aus einer Pose der Fundamentalopposition heraus machen sie sich für eine Partei stark, deren politische Position in den Straßen von Ostdeutschland wöchentlich Realität wird, wenn das Blut auf dem Asphalt klebt. Rechtsradikale also dürfen, um das geflügelte Wort eines deutschen Nazis über Kommunisten abzuwandeln, in Deutschland nur soviel Spielraum haben wie ein Gehenkter zwischen Strick und Hals. Wenn das erledigt ist, kann man über Beckstein reden.