Rechte im Schöneberger Bündnis gegen Rechts

Rechte AntifaschistInnen

Zwei Mitglieder des Bündnisses gegen Rechtsextremismus in Berlin-Schöneberg sind als rechte Querfrontstrategen enttarnt worden.

Dass CDU-PolitikerInnen in Bündnissen gegen Rechts sitzen, die sich dann meistens Bündnis gegen Gewalt nennen müssen, ist nicht neu. Dass in diesen antifaschistischen BürgerInneninitiativen auch Personen mitarbeiten, die sich im Dunstkreis der Nazi-Szene bewegen, erschien bisher als abwegig. Doch nichts ist unmöglich. Seit Anfang April dürfen Irmgard Kohlhepp und Bernhard Heldt an den Treffen des Berliner Bündnisses gegen Rechtsextremismus, Neofaschismus, Antisemitismus und Rassismus in Tempelhof & Schöneberg (BgR) nicht mehr teilnehmen, da einige AntifaschistInnen sie als rechte Querfrontstrategen geoutet haben. Sechs Monate hatten sie in dem Bündnis völlig unbehelligt mitarbeiten können.

Das BgR existiert seit September 2000. Es wird unter anderem von Gewerkschaften, Bündnis 90/Die Grünen, PDS und dem BgR der Sophie-Scholl-Gesamtschule getragen. Ansonsten sind alle BürgerInnen eingeladen, mitzumachen. Da fühlten sich wohl auch die beiden Rechten angesprochen. Während Kohlhepp schon bei der Gündung des BgR im September 2000 am Tisch saß und regelmäßig bei Bündnistreffen zugegen war, tauchte Heldt nur unregelmäßig auf.

Auf einem Treffen am 8. März boten Kohlhepp und Heldt dem Bündnis gegen Rechts eine Zusammenarbeit mit ihrer Organisation Association Liberal Soziale Ordnung (Also) an. Gleichzeitig schlugen sie Andreas Röhler, den Herausgeber der Zeitschrift Sleipnir und Eigentümer des rechtsextremen Verlags der Freunde, als Diskussionspartner vor. Als Diskussionsgrundlage sollte der von Horst Mahler, Reinhold Oberlercher und Uwe Meenen verfasste und im Februar in der Zeitschrift Sleipnir erschienene Artikel »Ausrufung des Aufstandes der Anständigen« dienen. So wollte man Kernfragen des Faschismus und Antisemitismus analysieren.

Da die meisten der Bündnismitglieder keine Kenntnisse über faschistische Strukturen und Personen hatten, konnten Heldt und Kohlhepp unwidersprochen ihre Vorschläge unterbreiten. Erstmals bei einem BgR-Treffen anwesende AntifaschistInnen begannen nun damit, Informationen über die Also und die Verbindungen von Heldt und Kohlhepp zur rechten Szene zu sammeln. Erst ihre Recherche führten schließlich zum Rausschmiss der beiden.

Das BgR wurde damit konfrontiert, dass die Also, die ihren Sitz in einem Ladenlokal am Gustav-Müller-Platz in Berlin-Schöneberg hat, versucht, dort ein Forum für rechte Propaganda zu schaffen. Als »theoretische Grundlagen« bemüht die Also unter anderem die Dogmen des Anti-Marxisten und Theoretikers eines so geannten Dritten Weges Franz Oppenheimer sowie des antisemitischen Zinstheoretikers Silvio Gesell. Unter dem unverdächtigen Namen Bürgerforum Berlin bieten sie auch Veranstaltungen mit Personen aus der rechtsextremen Szene an.

Im April führten Kohlhepp und Heldt eine Veranstaltungsreihe mit den Herausgebern von Sleipnir durch. Unter dem Titel »Ist das Grundgesetz noch zu retten?« beklagten die Zeitschriftenmacher die »Diffamierung« und »Verfolgung« »deutscher Patrioten« sowie ein »Berufsverbot« gegen Röhler und Peter Töpfer, den Mitbegründer von Sleipnir

Die Also-Leute verbindet ein besonders solidarisches Verhältnis mit den Herausgebern von Sleipnir. Beide Gruppen verfolgen eine Querfrontstrategie, die vorgibt, »die Gegensätze zwischen Linken und Rechten abzubauen«. So wurden in Sleipnir Texte von linken AutorInnen aus anderen Publikationen ohne deren Wissen abgeduckt oder linke AutorInnen mit dem unverdächtigen Namen »Verlag der Freunde« hinters Licht geführt (Jungle World, 11/99).

Ganz anders verhält es sich dagegen mit den rechten Beiträgen. Das vom Geschichtsrevisionisten bis zum bekennenden Nationalsozialisten reichende Spektrum nutzt ganz bewusst das Forum in Sleipnir - so z.B. der französische Holocaust-Leugner Serge Thion, die Nazi-Mutanten Mahler und Oberlercher und auch der Berliner Neonazi Christian Wendt, ein ehemaliger Redakteur der Nazi-Postille Berlin-Brandenburger Zeitung, der heute Redaktionsmitglied der NPD-Zeitung Deutsche Stimme ist.

Zu Mahler pflegen auch Heldt und Kohlhepp gute Kontakte. So luden sie ihn mit einem Offenen Brief für den 9. Januar 2000 ins Bürgerforum Berlin ein. Kohlhepp und Heldt sprachen Mahler einerseits ihre Hochachtung aus für seinen Versuch, im Frankfurter Café »Exzess« mit »Antifas« über »Antifaschismus« zu reden. Andererseits bezweifelten sie den Sinn solcher Aktivitäten und bezeichneten Linke und Antifas als »nützliche Idioten«. Bereits im Januar 1999 waren Kohlhepp und Heldt auf einem Treffen von Mahlers Bürgerbewegung Unser Land anwesend.

Heldt organisierte außerdem gemeinsam mit dem stellvertretenden Landesgeschäftsführer der Pro-DM-Partei, Klaus Weichhaus, am 15. April 1999 im Lokal »Paddelwirt« den »Nationalen Stammtisch«. An dieser Veranstaltung, die im Rahmen des Bündnisses für Volksabstimmung stattfand, nahmen natürlich Mahler, aber auch der damalige Berliner NPD-Geschäftsführer Andreas Böhme teil.

Nachdem die AntifaschistInnen dem BgR Tempelhof & Schöneberg die Ergebnisse ihrer Recherche vorgestellt hatten, wurde beschlossen, Kohlhepp und Heldt umgehend aus dem Bündnis zu entfernen. In einer Presseerklärung äußert das Bündnis »große Empörung« darüber, dass an ihren Treffen Personen teilnahmen, die »erhebliche Sympathien und Kontakte zu Nazis« haben. Gleichzeitig warnt das BgR »leichtgläubige Bürgerinnen und Bürger« vor dem Also-Bürgerforum, mit deren Organisatoren es zusammengearbeitet hat.

Und das BgR steht nicht allein da. 1999 mussten Heldt und Kohlhepp die Grünen verlassen, da sie als RechtsextremistInnen enttarnt wurden und ihnen der Berliner Landesverband wegen säumiger Beiträge die Mitgliedschaft kündigte. Der nach eigenen Aussagen ehemalige Republikaner Heldt war seit 1990 Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen gewesen. Kohlhepp hatte die Alternative Liste in Berlin mitgegründet.