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Zweimal mussten wir über unseren Schatten springen, jetzt ist alles sonnenklar. In Gedanken befinden wir uns bereits auf dem Weg ins kroatische Zadar. Zur Erinnerung: Zunächst galt es, politische Skrupel auszuräumen und zu diskutieren, ob eine linke deutsche Zeitung ihren Arbeitsurlaub im Land, das Genscher erst erfand, verbringen darf. Ja, sie darf, wenn sie in der Berichterstattung antinationale Mindeststandards nicht unterschreitet.

Die zweite, nicht minder heftig geführte Debatte drehte sich um die Frage, ob die Redaktion sich vorstellen kann, in einem Ferienhaus zu arbeiten, in dem auch der Eigentümer wohnt. Ja, sie kann, wenn der Mann von Beruf Wirt ist und kleineren Umbauten an seinem Haus mit Gelassenheit entgegensieht. Allerdings ist unklar, ob der gutmütige Kneipier aus Zadar, der am Telefon alle Nachfragen ohne Zögern mit »kein Problem« beantwortete, wirklich weiß, was da auf ihn zukommt. Und vor allem, wer.

Wir zumindest sind vorbereitet. Fühlen uns jedenfalls nach vier Stunden landeskundlichem Unterricht so. Von zwei kroatischen Berlinerinnen erfahren wir, in welchen Supermärkten Tudjman-Poster herumhängen und in welchem Kaff der letzte Kommunist von Jugoslawien sitzt. Gegen Ende des Gesprächs gelingt es einigen Redakteuren sogar, Bukowski und Puhovski auseinander zu halten. Die Informantinnen kriegen nicht nur einen Haufen Übersetzungsaufträge, ihnen wird auch sofort die Reiseleitung übertragen. Sprachprobleme waren es nämlich, die die Redaktionsreisen der letzten Jahre beeinträchtigt hatten. In Dänemark beschränkte sich der Kontakt zur Bevölkerung auf den Pieceverkäufer in Christiania; in Polen war's der Fleischer und in Italien das Centro Sociale.