Friedensverhandlungen in Nordirland

Wahl der Waffen

We will never surrender - wir ergeben uns nie. Dass sie es ernst meinen mit dem traditionellen Slogan der Irisch-Republikanischen Armee (IRA), machten die Kämpfer der radikalen Splittergruppe Real IRA (Wahre IRA) deutlich, als sie vor zwei Wochen eine Autobombe im Londoner Vorort Ealing zündeten. Ein weiteres Fanal gegen den Friedensprozess in Nordirland, der vor sieben Jahren mit einer einseitigen Waffenruhe der IRA begann und heute an der ausbleibenden Entwaffnung der Konfliktparteien zu scheitern droht.

Doch hinter dem Anschlag steckt vor allem eine Botschaft an die ehemaligen Waffenbrüder des irisch-republikanischen Befreiungskampfes. Hat die IRA doch angekündigt, erstmals erhebliche Bestände ihres Waffenarsenals unter Aufsicht der Independent International Commission on Decommissioning abzubauen. In seinem jüngsten Bericht bestätigt General John de Chestelain, der Vorsitzende der Entwaffnungskommission, dass in der IRA Schritte unternommen worden seien, um die Waffen vollständig unbrauchbar zu machen. Schritte, die in den Augen der Hardliner als Verrat interpretiert werden.

Auf der anderen Seite steht David Trimble, der ehemalige Minister der selbst verwalteten Provinz. Mit seinem Rücktritt bewies der Vorsitzende der Ulster Unionist Party (UUP) vor allem seinen Parteigängern Stärke. Deren Mehrheit ist gegen das Friedensabkommen, und die Waffen der IRA sind ihr bestes Argument. Sie verwarfen den jüngsten Friedensplan des britischen Premierministers Tony Blair und seines irischen Amtskollegen Bertie Ahern als irrelevant, sofern er nicht mit der Entwaffnung der IRA einhergehe.

Im dritten Jahr nach dem Karfreitagsabkommen, in dem die Entwaffnung der Konfliktparteien festgelegt wurde, ist das Problem so offensichtlich wie nie zuvor: Es ist höchst prekär, dass die Frage der Entwaffnung eine zentrale Rolle einnimmt. Der Friedensprozess steht und fällt nun mit der Waffenabgabe der IRA, die immer wieder aufgeschoben wurde und ohnehin nicht mehr als eine symbolische Funktion erfüllen kann.

Zum einen kann eine heute abgegebene Waffe schon morgen ersetzt werden. Zum anderen kommt es nicht so sehr darauf an, ob eine Bewegung bewaffnet ist, sondern ob sie ihre Waffen auch benutzen will. Auch das haben der Anschlag der Real IRA und die jüngsten Attentate loyalistischer Paramilitärs auf Katholiken gezeigt.

Mit dem Beginn der Waffenabgabe haben die Republikaner ihren historischen Schritt eingeleitet. Die Frage ist, ob sie die symbolische Karte schnell genug ausspielen können, um ein Scheitern der Selbstverwaltung zu verhindern. Viel Zeit bleibt jedenfalls nicht mehr. Am vergangenen Samstag hat die Regierung in London die Selbstverwaltung für sechs Wochen suspendiert. Innerhalb dieser Frist sollen die Konfliktparteien nun eine Lösung finden.

Im Gegenzug muss nun auf die Forderungen der Sinn Fein eingegangen werden. Der politische Arm der IRA fordert eine Überarbeitung der im Londoner Unterhaus bereits verabschiedeten Polizeireform und einen weiteren Rückzug des britischen Militärs aus der Provinz. Die freiwillige Entwaffnung der IRA war an diese Bedingung gekoppelt, und die Chancen auf eine Änderung stehen nicht schlecht. Immerhin hatten Blair und Ahern diesen Fragen den größten Teil ihres neuesten Papiers gewidmet, wenn auch in taktischer Absicht.

Ein Scheitern der Provinzverwaltung würde hingegen entweder Neuwahlen oder eine dauerhafte Rückkehr zur britischen Verwaltung bedeuten. Nach Neuwahlen könnten Sinn Fein und die reaktionäre Democratic Unionist Party vom Prinzip der Machtteilung zwischen Republikanern und Unionisten gezwungen sein, eine gemeinsame Regierung zu bilden. Und eine solche Blockade würde für den institutionalisierten Friedensprozess wohl ebenfalls das Ende bedeuten.