Terror, Thesen, Temperamente

McDjihad als Kulturkonzern

Warum die US-Army nicht als Retter vor dem Terrorkonzern al-Qaida zu begrüßen ist, aber beide noch lange nicht dasselbe sind.

Der Kamikaze-Massenmord der Anschläge des 11. September und seine Folgen vor allem in Gestalt des von den USA und Großbritannien begonnenen Krieges in Afghanistan haben in der Linken heftige Diskussionen hervorgerufen. Nicht nur die monströse Qualität der Anschläge in New York und Washington oder ihre Folgen wie die Militarisierung der Politik, die repressive Formierung des Sicherheitsstaates und die Verschärfung rassistischer Ausgrenzung (nicht nur gegen MuslimInnen) haben dazu beigetragen.

In den Beiträgen drückt sich auch eine diffuse Ahnung aus, dass sich die moderne kapitalistische Warenvergesellschaftung deutlich einem Stadium angenähert hat, wie es in den düsteren kulturindustriellen Visionen von SciFi- und Katastrophenfilmen antizipiert wird. In den verwüsteten Modernisierungsruinen organisieren sich religiöse Terrorsekten, während aus den verbliebenen Wohlstandsinseln hochtechnisierte Killerspezialisten zur Liquidierung der Oberschurken in die Verwüstungsregionen ausgesandt werden. Ein Szenario wie aus dem Film »Die Klapperschlange«, der bereits vor einigen Jahren Wolfgang Pohrt zu seinen Reflektionen über den Zerfall des Staates und der Politik bürgerlicher Herrschaft in Bandenstrukturen inspiriert hat.

Tatsächlich haben diese Fantasien einiges für sich, nicht nur wegen der kulturindustriellen Implikationen. Das gilt auch, wenn der unbedingt notwendige Bezug auf den antisemitischen Charakter der islamistischen Anschläge von New York und Washington hergestellt wird. Denn das Vorgehen der USA angesichts der Bedrohung ist weit eher mit der Logik des Racket zu erfassen als mit der Konstellation des Zweiten Weltkrieges, auf die Antideutsche die aktuelle Situation abzubilden versuchen. Günther Jacob hat dem zu Recht entgegengehalten, dass ein »Totalverlust des angelesenen Wissens (Adorno, Wertkritik)« zu diagnostizieren ist, wenn in einer Art Neuauflage der Hegelschen List der Vernunft unwillentlich die »US-Army den Stoßtrupp des Weltgeistes abgeben« soll (konkret, 11/01).

Auch die umstandslose Gleichsetzung des Islamismus mit der NS-Ideologie überdeckt mehr, als sie selbst bei vorsichtigem Gebrauch erhellen könnte, wenn sie der falschen Kapitalismuskritik der antisemitisch grundierten Verschwörungstheorien und antiamerikanischen Ressentiments des linken Antiimperialismus und der Friedensbewegung eine genauso simplifizierende »Weltverdeutschungstheorie« entgegensetzt. Das heißt aber nicht, dass eine Untersuchung der fatalen Verwandschaften zwischen der deutschen Ideologie und dem Islamismus sich erübrigen würde. Im Gegenteil.

Robert Kurz' Hinweis auf die Unterschiede zwischen der »antisemitischen Weltanschaung und Rassenlehre der Nazis« als Grundlage für den »Generalangriff des als Industrieweltmacht hochgerüsteten Nazideutschlands auf die Menschheit« und »Ethno-Nationalismus und religiöse(m) Wahn in den vom Weltmarkt verbrannten Regionen« als »Irrläufer der globalen Fetischverhältnisse« ist zwar zutreffend.

Weit schwerer wiegen jedoch die falschen Schlussfolgerungen, die Kurz aus seinem Begriff der »totalitären Warenökonomie« zieht, die scheinbar unaufhaltsam ihrer katastrophischen Auflösung zustrebt. Er wirft zwar einem Teil der Linken nicht völlig unberechtigt vor, die »Dialektik der Aufklärung« einseitig in Richtung eines affirmativen Denkens aufzulösen. Gleichzeitig denunziert er jedoch auch die kritisch-emanzipatorischen Elemente des Aufklärungsdenkens als Produkt der »totalitären« Wertvergesellschaftung.

Glück und Wahn

Von dem Feldzug der »andauernden Freiheit« gegen das terroristische »Böse« kann nicht nur wegen der mörderischen Praktiken und fragwürdigen Allianzen der US-Militärpolitik keine Verwirklichung irgendwelcher »bürgerlicher Glücksversprechen« erwartet werden. Diese Versprechen wurden in den vom Kolonialismus gewaltsam in das Wertverhältnis geprügelten Teilen der Welt sowieso schon immer weit drastischer dementiert als in den Metropolen - und zwar von allen kapitalistischen Zentren und gerade vom deutschen Kolonialismus. Dennoch besteht zwischen den von der subjektlosen Herrschaft des kapitalistischen »Normalbetriebs« hervorgebrachten Zerstörungen und dem antisemitisch motivierten und nur noch auf Vernichtung zielenden Wahn der islamistischen Selbstmordattentäter immer noch ein kleiner Unterschied, der allerdings ein Unterschied ums Ganze ist.

Davon ist bei Kurz und dem Krisis-Umfeld nicht mehr viel zu spüren. »Am Ende der Modernisierungsgeschichte fallen Fortschritt und Reaktion, Aufklärung und Gegenaufklärung in der zerbrechenden gemeinsamen Form der Wertvergesellschaftung unmittelbar zusammen«, schreibt Kurz (Jungle World, 42/01).

Dass die islamistische Ideologie keineswegs einer archaischen Vormoderne zuzurechnen sei, sondern eine authentische Ausgeburt der modernen Warengesellschaft ist, wird von Gerhard Scheit (Jungle World, 41/01) zurecht als »banale Einsicht« bezeichnet, mit der Kurz aber bei den meisten Linken weit offen stehende Türen einrennt. Eben das macht sie tatsächlich vergleichbar mit der völkisch-antisemitischen »Weltanschauung« des Nazismus, der dem Islamismus eben darin vergleichbar ist, dass beide eine durch und durch antiemanzipatorische und antiaufklärerische Reaktion auf die warenkapitalistische Modernisierung darstellen.

Beide setzen auf die regressive Utopie einer organischen Gemeinschaft als eine Art romantischer Gegenmoderne, die den Hass auf das Abstrakte der Herrschaft kapitalistischer Warenvergesellschaftung im jüdischen Finanzkapital und jüdisch beinflusster amerikanischer Macht personifiziert.

Auch der apokalyptische Chiliasmus, der die Selbstmordattentäter von New York ebenso charakterisierte wie die überzeugten Nazis, die unter Missachtung des eigenen Lebens für den »Endsieg des tausendjährigen Reiches« kämpften, lässt jenseits der Unterschiede zwischen islamistischer und nazistischer Heilslehre durchaus Berührungspunkte im »Sein zum Tode« erkennen - wenn auch deshalb nicht gleich Heidegger mit einem von den bahamas angeklebten Bart des Propheten in der arabischen Wüste gesichtet werden muss.

Allerdings stößt die Vergleichbarkeit an Grenzen, an den postfordistischen Verhältnissen im globalen Kapitalismus ebenso wie an der postkolonialen Situation in der so genannten islamischen Welt. Beides ist aufs engste miteinander verquickt. So ist die Beschreibung der Selbstmordattentäter als »hybride postmoderne Existenzen« durch Robert Kurz richtig. Aber was sagt diese Feststellung aus? Nur wenn man diese simple Wertung nicht bloß als Symptom für den »Todestrieb« der Wertvergesellschaftung interpretiert, hat die Darstellung des al-Qaida-Netzwerkes als Teil der postmodernen New Economy etwas für sich.

Einen interessanteren Zugang formuliert der Soziologe Georg Elwert in der Frankfurter Rundschau vom 20. Oktober: »In Gebieten ohne staatliches Gewaltmonopol wie Sudan, Tadschikistan und Afghanistan waren oder sind Teile von al-Qaida angesiedelt, dort haben sie ein Aufmarsch- oder Rückzugsgebiet. In diesen Räumen besteht eine Verflechtung von wirtschaftlichen Interessen und Gewalt: ein 'Gewaltmarkt'. Raub, Schutzgelderpressung, Geiselnahme und Schmuggel gehören genauso dazu wie der Handel mit ideologischen Gütern.«

Nun trifft diese Beschreibung ebenso auf das ehemalige Jugoslawien zu wie auf andere Objekte der »humanitären« Interventionskriege, in denen westliche Streitkräfte und Geheimdienste Allianzen mit dubiosen Ethnonationalisten und Warlords eingehen.

Bemerkenswert sind dennoch zwei Aspekte von Elwerts Beschreibung. Zum einen die effizienzsteigernde Wirkung der Gewaltmärkte als betriebswirtschaftlicher Turboantrieb in Sachen New Economy: »In Gewaltmärkten herrschen spezielle Evolutionsbedingungen. Durch die brutale Selektion der Gewalt, die sich rechnet, werden laufend neue Institutionen und Organisationen ausgetestet. Nichts ist verboten, alles ist erlaubt (...). Es findet in höchster Geschwindigkeit eine Selektion der effektivsten Organisationen statt.«

Dienstleistung am Ressentiment

Noch bedeutsamer ist aber der zweite Aspekt des Handels mit ideologischen Gütern, mit höchst medienwirksam inszenierten »blutigen Devotionalien« der »eigenen Sache« von ethnisch-nationalen oder religiösen imaginierten Gemeinschaften, für die dann Spenden von wohlhabenden Anhängern des jeweiligen Identitätswahns fließen, z.B. aus den arabischen Ölstaaten. »Bin Laden produzierte spendenträchtige symbolische Gewalt, er verkaufte den Dienst an einer ideologischen Sache. Ideologieunternehmer haben andere Zielsuchsysteme als klassische Kriegsherren. Sie müssen die Symbole und deren raschen Wandel im Auge behalten. Wer keine überzeugenden Symbole trifft, verliert an Spendenzustrom. (...) Alle möglichen politischen, kriminell-ökonomischen und ideologisch-religiösen Ziele und Organisationsformen werden ausprobiert. Al-Qaida ist das neueste Modell«, schreibt Elwert.

Das Bestechende an dieser Analyse liegt sicher darin, dass Elwert jenseits von allen derzeit gängigen kulturalistischen Klischees über den »wahren Islam« und die sozialen Ursachen des islamistischen Terrors al-Qaida als Teil der diversifizierten und flexiblen Märkte der postfordistischen Ökonomie darstellt. Seine Beschreibung gewinnt aber erst an gesellschaftskritischem Drive, wenn sie ideologiekritisch über ihre soziologisch-positivistischen Begrenzungen hinausgetrieben wird. Und das bringt uns wieder zu den aus den kulturindustriellen Fiktionen vertrauten Bildern von den Anschlägen in New York. »Die Gesellschaft ist eine von Desparaten und daher die Beute von Rackets«, schreiben Horkheimer und Adorno in der »Dialektik der Aufklärung« über die Kulturindustrie.

Elwerts Ideologieunternehmen sind ein dunkler Zweig dieser Industrie, al-Qaida steht für eine Art Kulturindustrialisierung des Terrors. Der Hinweis darauf, dass der Antisemitismus im Supermarkt der Ideologieunternehmer ein absoluter Verkaufsschlager ist, kommt Elwert allerdings nicht in den Sinn. Die WTC-Anschläge waren ein monströs blutiger und auf allen Bildschirmen der Welt fast in Echtzeit verfolgbarer Groß-Event, der für die zahlenden Konsumenten (Spender, aber auch der jetzt mit Bin-Laden-Postern herumlaufende Mob) den »imaginären Gebrauchswert« der Entladung antisemitisch und antiamerikanisch aufgeladenenr Affekte besaß.

Elwert findet in den Texten von al- Qaida »Spuren einer Inszenierung von Hass«, hält diese aber nicht für das entscheidende Moment, weil die aus prosperierenden Verhältnissen in arabischen Ländern stammenden Täter nicht zu den »Verdammmten dieser Erde« gehörten und ihre Taten »von kühler strategischer Planung und gerade nicht von heißer Emotion« zeugten. Auch dazu lässt sich bei der Kritischen Theorie lernen, dass in der antisemitischen Vernichtungstat beides - emotionslose kalte Rationalität und grenzenloser Hass - ineinanderfällt. Dass dieser Hass im Fall der Terrorakte von al-Qaida exekutiert wird und nicht von einer kapitalistischen Großmacht wie NS-Deutschland, macht die Sache nicht unbedingt weniger gefährlich und schon gar nicht weniger kritikwürdig.

Mit Elwerts Anspielung auf den Titel von Frantz Fanons Klassiker »Die Verdammten dieser Erde« ist ein weiteres Element des Islamismus angesprochen: die gescheiterte Emanzipation der Dekolonisation. Fanon bezog sich nicht nur negativ auf die aufklärerischen Emanzipationsversprechen des Westens, die er als koloniale Herrschaftsstrategie entlarvte. Vielmehr wollte er diese Versprechen mit der antikolonialen Befreiung zusammen in einem universellen »neuen Humanismus« noch einmal ganz von vorne verwirklichen.

Diese ungeheure emanzipatorische Hoffnung drückt sich am besten in dem Zitat am Ende von »Verdammte dieser Erde« aus: »Für die Dritte Welt geht es darum, eine Geschichte des Menschen zu beginnen, die den von Europa einst vertretenen großartigen Lehren, aber zugleich auch den Verbrechen Europas Rechnung trägt«. Das Scheitern dieser Hoffnung manifestierte sich allerdings nicht nur im Versagen der staatlichen Entwicklungsprojekte nachholender Modernisierung.

Nicht nur Militärdiktaturen wie das Mobutu-Regime im Kongo, auch ihre realsozialistisch orientierten Varianten, die sich oft als simple Entwicklungsdiktaturen unter der autoritären Herrschaft von Einheitsparteien entpuppten, hatte Fanon als »moderne Form der bürgerlichen Diktatur ohne Maske, ohne Schminke, skrupellos und zynisch« bezeichnet. Andere Autoren wie etwa auch Katja Diefenbach verknüpfen den Aufstieg des Islamismus mit dem aus der gescheiterten Modernisierung erwachsenden Elend und den gescheiterterten Versuchen des Aufbaus sozialistischer Gesellschaften. Ganz ähnlich argumentiert Rainer Trampert (Jungle World, 42/01), für den dadurch »der Gedanke an Befreiung aus den Köpfen geprügelt wurde«.

Doch auch für Fanon, der sich immer von Antizionismus und Antisemitismus fernhielt, manifestierte sich »kapitalistische Ausbeutung« bereits vor allem durch »Trusts und Monopole« als Feinde der »Gesamtheit des Volkes«. Ebenso bezeichnete er »die Vereinigten Staaten (als) ein Monstrum (...), bei dem die Geburtsfehler, die Krankheiten und die Unmenschlichkeit Europas grauenhafte Dimensionen angenommen haben.« Die Dialektik von antikolonialer Emanzipation und ihrem Umschlag in eine ressentimentträchtige falsche Kapitalismuskritik des heutigen befreiungsnationalistischen Antiimperialismus zieht sich durch Fanons Werk.

Schleier und Identität

Das gilt vor allem auch für Fanons Betrachtungen über den islamischen Schleier. Dabei darf man nicht nur seine Kritik beachten, dass die französischen Kolonisatoren über die Befreiung der algerischen Frauen vom Schleier - dem Symbol islamisch-patriarchaler »Rückständigkeit« - die algerische Gesellschaft mit ihrer Kontrollmacht durchdringen wollten. Fanon bezeichnete in seinem Aufsatz »Algerien legt den Schleier ab« die Frauen, die auf französische Einladung hin den Schleier abgelegt hatten, verächtlich als »Münzgeld« des Kolonialismus. Dagegen konnte er der Aufwertung des Schleiers zum verteidigenswerten Gut der »eigenen« Kultur, die als Reaktion der algerischen Gesellschaft auf den kolonialistischen Angriff erfolgte, auch Positives abgewinnen. Er empfahl, die Frauen sollten dieses traditionelle Kulturgut in den Befreiungskampf einbringen. Da im Befreiungskampf die Tradition ihre Bedeutung ändern würde, könnten sich die Frauen in diesem durch den Schleier hindurch auch selbst von ihrer traditionellen subalternen Rolle befreien, aus eigener Entscheidung den Schleier ablegen und als selbstbewusste Subjekte in die neue Gesellschaft der Dekolonisation eintreten.

Selten hat Fanon sich tragischer geirrt. Denn tatsächlich führt eine direkte Linie von der bei Fanon noch sehr ambivalenten Wertschätzung kultureller Symbole des »Authentischen« als Mittel im Befreiungskampf zur antiemanzipatorischen Politik des autoritären postkolonialen Staates.

Dieser trachtete danach, die Frustrationen über die scheiternde nachholende Modernisierung auf die ohnehin anwachsenden identitären Ressentiments gegen »den Westen« als Schuldigen an der Misere abzuwälzen. Er hat damit dem Aufstieg des islamistischen Identitätswahns den Boden bereitet. In Algerien führte die von dem postkolonialen Regime installierte Arabisierungspolitik, vor der Fanon den FLN wegen rassistischer Konsequenzen gewarnt hatte, zu einem »islamisch« begründeten patriarchalen Backlash. So wurden die Frauen durch ein Familiengesetz, das der FLN noch in den achtziger Jahren erlassenen hatte, rechtlich wieder entmündigt und unter die Kontrolle des männlichen Familienoberhauptes gestellt.

Kaum besser sieht es in den als westlich orientiert geltenden arabischen Staaten aus, die jetzt als Stützen des Krieges gegen den Terrorismus gepriesen werden. In Ägypten werden nicht nur Feministinnen von der Staatsjustiz wegen »unislamischem Verhalten« zwangsgeschieden. Mit der gleichen Begründung werden auch immer häufiger Schwule verfolgt.

Ähnliches gilt für den virulenten Antisemitismus und den Hass auf Israel und Amerika als Agenten des jüdischen Finanzkapitals, den der kulturindustrielle McDjihad-Konzern von bin Laden nun auf so grausame Weise medienwirksam zelebriert. Der Verweis auf die gescheiterte Emanzipation der Dekolonisation ist allerdings nicht als Exkulpation des Ressentiments misszuverstehen. Fanon immerhin hatte rassistische Pogrome z.B. gegen »nichtnationale« Händler in bereits dekolonisierten afrikanischen Ländern zu seiner Zeit als Produkte eines nicht zu entschuldigenden Bündnisses zwischen Mob und Elite verurteilt. In der Rede von den sozialen Ursachen der islamistischen Gewalt, die in Deutschland übergreifend von der FAZ bis zur Friedensbewegung präsent ist und in der regelmäßig zuerst die »palästinensischen Opfer der israelischen Besatzungspolitik« genannt werden, macht man sich mit diesem Bündnis gemein.

Wenn heute für den sich »antiimperialistisch« gerierenden islamistischen Terror das gilt, was Fanon einst über die Gewalt des Kolonialismus sagte, ist dies auch Ausdruck einer tragischen, negativen Dialektik der Dekolonisation: Er »ist keine Denkmaschine, kein vernunftbegabter Körper. Er ist die Gewalt im Naturzustand und kann sich nur einer noch größeren Gewalt beugen.«

Dass diese noch größere Gewalt heute von den Erben des Kolonialismus kommt, die keinerlei emanzipatorisches Glücksversprechen mehr anzubieten haben, sondern nur dafür sorgen, dass die Geschichte weitergeht als »eine einzige Katastrophe, die Trümmer auf Trümmer häuft« (Walter Benjamin), sollte für Linke jede positive Parteinahme unmöglich machen. Sie kann sich nur negativ gegen jeden Versuch Deutschlands richten, diesen Krieg auszunutzen, um zu neuer Weltgeltung zu gelangen und die eigene Vergangenheit zu entsorgen.