Expansion der Partei Rechtsstaatliche Offensive

Bürger gegen Schill

Die Partei Rechtsstaatliche Offensive will expandieren. Doch in Sachsen-Anhalt kam es bereits zur ersten Spaltung.

Dass manche ihrer Mitglieder immer mal wieder mit dem Rechtsstaat in Konflikt geraten, will die Partei Rechtsstaatliche Offensive (Schill-Partei) nicht irritieren. Auch der Optimismus der Hamburger Rechtspartei wird dadurch nicht getrübt. Noch nicht. »Das wird hier eine dritte Volkspartei.« Nämlich im ostdeutschen Bundesland Sachsen-Anhalt. Und der so siegessicher daherredet, heißt Klaus Bierende und ist Bürgermeister der Gemeinde Engel bei Magdeburg. Seit über vier Wochen gehört er dem so genannten Aufbauteam der Schill-Partei in Sachsen-Anhalt an.

Erste Umfragen bestätigen die Aussage des ehemaligen SPD-Mitglieds. Eine Telefonumfrage ergab, dass 21 Prozent der Befragten die Schill-Partei wählen würden. Im Auftrag des Wirtschaftsspiegel hatte ein Magdeburger Institut im Oktober 750 Haushalte befragt. Bei 250 befragten Unternehmern fiel das Votum noch deutlicher aus: Über 30 Prozent würden für die Schill-Partei stimmen.

Die bundesweite Ausdehnung ihrer Partei haben der Vorsitzende Ronald Schill und sein Stellvertreter Mario Mettbach früher schon propagiert. »Wenn wir in die Hamburger Bürgerschaft ziehen, treten wir auch bei weiteren Wahlen an«, versprach Schill, der seit einigen Wochen als Hamburgs Innensenator sein Unwesen treibt, bereits während des ersten Parteitags im November des vergangenen Jahres. Damals erklärte auch Mettbach, dass jener Parteitag zugleich »der erste Bundes- und Landesparteitag« sei.

Bisher haben sich die Versuche, Parteistrukturen außerhalb Hamburgs aufzubauen, allerdings auf den Osten beschränkt. »Am 21. April werden wir in Sachsen-Anhalt zur Landtagswahl antreten«, verspricht Schills Pressesprecherin Karina Weber. Wenn man die »stärkste Fraktion« stellen könnte, droht Schill, wolle seine Partei auch zur Bundestagswahl antreten. Wohl um bei dem Testfall bloß keinen Reinfall zu erleben, schickte Schill den Hanseaten Ulrich Marseille als Koordinator nach Sachsen-Anhalt.

Dass Marseille, der Mitbegründer und Mehrheitsgesellschafter der Marseille-Klinik AG, die 36 Alten- und Behinderteneinrichtungen sowie elf Rehabilitationskliniken in Deutschland unterhält, das Amt übernommen hat, sei »aus Idealismus« geschehen, wie der 45jährige Multimillionär beteuert. Zuvor musste der vormalige »Ost-Beauftragte« der Schill-Partei, Thorsten Uhrhammer, die Partei der Anständigen und Rechtschaffenen verlassen, da seine früheren Mitgliedschaften bei der DVU und den Republikanern bekannt geworden waren. Mit seinem Rücktritt, so der 29jährige Jurastudent, habe er »Schaden von der Schill-Partei« abwenden wollen.

Mario Mettbach verkündet zwar regelmäßig: »Wir müssen darauf achten, dass nicht Leute aus der ganz, ganz rechten Ecke uns alles kaputt machen.« Doch Uhrhammer ist nicht das einzige Parteimitglied, das enge Kontakte zur extremen Rechten unterhält. Der unlängst in die Bürgerschaft nachgerückte Fraktionsvorsitzende der Schill-Partei in der Eimsbüttler Bezirksversammlung, Christian Brandes, ist Mitglied der rechtsextremen Burschenschaft Germania, die früher mit der FAP kooperierte und heute mit der NPD eng verbunden ist.

Und da ist noch Gerda Wittuhn, die während des Bürgerschaftswahlkampfes eigens nach Köln reiste, um der rechtsextremen Bewegung Pro-Köln das Programm ihrer Partei vorzustellen. Auf dem Treffen, ließ Pro-Köln später verlauten, habe man eine »weitgehende Übereinstimmung« in Fragen der »inneren Sicherheit« festgestellt. Für die Pressesprecherin der Schill-Partei, Karina Weber, ist die 76jährige Rentnerin nicht nur ein Parteimitglied unter vielen: »Frau Wittuhn ist sehr engagiert und anerkannt in der Partei.« Ihre Ansichten verhehlt Wittuhn nicht: »Ich bin Abonnentin der Jungen Freiheit (JF) und wenn ich keine Frau wäre, wäre ich in einer schlagenden Verbindung.«

Die rechtsextreme Wochenzeitung JF scheint für Mettbach ebenfalls nicht »ganz rechts« zu sein. So schrieb er in der JF über das Thema Strafmündigkeit, und gleich nach den Wahlen gab der Abgeordnete der Schill-Partei Manfred Silberbach dem Blatt ein Interview: »Viele Journalisten meinen, sie müssten als eine Art staatsbürgerlicher Fleißarbeit jede Woche 'einen Rechten' prügeln, und da müssen eben nun wir herhalten.«

Ganz andere Probleme hat mittlerweile Ulrich Marseille. Sein früheres geschäftliches und politisches Engagement in Sachsen-Anhalt irritiert die Parteigänger Schills im Osten. Bei den Kommunalwahlen 1999 sponserte er in Halle/Saale die neu gegründete Miet- & Bürgerliste, die mit vier Abgeordneten ins Stadtparlament einzog. Schnell war von der »Mafia-Marseille« die Rede und alsbald ging das Gerücht um, der Unternehmer wolle mithilfe der Politik seine Geschäfte machen. Schließlich forderte der Vertraute Schills damals 115 Millionen Mark Schadensersatz von der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft Halle-Neustadt (GWG).

1996 hatte er von der GWG 2 700 Plattenbauwohnungen gekauft, aber die Goldgrube wurde zum Millionengrab, als immer mehr Wohnungen leer standen. Vor Gericht versuchte er im vergangenen Jahr zu beweisen, über die »Höhe der Mieteinnahmen arglistig getäuscht« worden zu sein. Ohne Erfolg. Der sachsen-anhaltinische Regierungssprecher Franz Stänner fragt sich nun, ob »hier ein Unternehmer eine Partei kaufen will, um seine wirtschaftlichen Interessen politisch zu flankieren«. Zur Zeit führt Marseilles Unternehmen acht Prozesse gegen das Sozialministerium des Landes, um Fördermittel für den Bau von Pflegeheimen zu erstreiten.

»Herr Marseille kennt sich in Sachsen-Anhalt gut aus und ist daher besonders qualifiziert«, beteuert Mettbach. Auch Klaus Bierende lässt sich in seinem Vertrauen nicht erschüttern. Doch einige Parteimitglieder um den Magdeburger Norbert Hoiczyk sahen das anders. Sei zeigten sich von der hanseatischen Verheißung enttäuscht, traten aus der Partei aus und gründeten am vorletzten Mittwoch gleich eine eigene: die Rechtsstaatliche Bürgerpartei.