Grand Prix d'Eurovision

Stoppt den Ted-Terror!

Demokratie ist ausgemachter Blödsinn. Wohin man kommt, wenn man den Pöbel nach Herzenslust abstimmen lässt, beweist jedes Frühjahr der Grand Prix d'Eurovision. Das vereinte Europa plus ein paar assoziierte Staaten dürfen dann per Ted und - großer Fehler - vollkommen unzensiert Punkte verteilen und den Siegersong küren, der meistens zum Dämlichsten gehört, was die Branche hervorzubringen im Stande ist.

Auch in diesem Jahr kristallisierten sich die favourites des Stimmviehs schnell heraus. Im Großen und Ganzen kämpften ein maltesischer durchsichtiger Spitzenhosenanzug und ein lettisches rotes Multifunktionskleid gegeneinander, während so großartige Starter wie die zypriotische Boygroup, die türkische Ethno-Gesangsgruppe und die leicht übergewichtigen rumänischen Musical-Darsteller kaum eine Chance hatten. Und dann kam es, wie es kommen musste: Das lettische Stück »I wanna be« von Marie N., das mit einer von den No Angels ausgeliehenen Tonfolge beginnt und recht unvermittelt karibisch wird, gewann den Contest.

War ja klar: Der internationale Mallorca-Mob sieht den Grand Prix schließlich traditionell als große Chance, sich seinen das Sangriasaufen untermalenden Sommerhit selbst zu wählen. Die Präferenzen des Massenpubikums sind dabei klar: Hübsche Akteure, die gefällig herumhampeln und einen Refrain präsentieren, der selbst mit 1,2 Promille noch nachgegrölt werden kann. Und das möglichst in Englisch.

Nach einer Regeländerung darf schließlich seit einigen Jahren jedes Land in der Sprache seiner Wahl antreten, was dazu führt, dass fast alle Interpreten englisch singen und aus Gründen der besseren Vermarktbarkeit ihre Lieder euro-poppig anlegen.

Zudem dürfen fast überall die Zuschauer über Punkte und Plätze entscheiden - nur in Russland, Moldawien und Slowenien nicht. Dort urteilen wegen der schlechten telekommunikativen Infrastruktur nach wie vor Experten über das vorgestellte Liedgut, ihre Benotungen liegen quer zum Trend. Die slowenische Fachjury sah so weder Malta noch Lettland vorne, sondern die ziemlich großartige schwedische Gruppe Afro-Dite. Deren Stück schien den europäischen Zuschauern jedoch vielleicht zu schwierig oder zu wenig mainstreamig, möglicherweise waren die Sängerinnen auch zu schwarz, jedenfalls gab es kaum Punkte für sie.

Und deswegen gehört die Grand Prix-Demokratie so schnell wie möglich wieder abgeschafft. Wie auch eine Regel, die zweifellos in einer Nacht und Nebel-Aktion beschlossen worden war. Demnach steigen die jeweils sechs schlechtesten Nationen aus der ersten Song-Liga ab und müssen für ein Jahr aussetzen. Außer Deutschland, das nach dem miesen Ergebnis von Corinna May eigentlich draußen sein müsste. Die BRD gilt jedoch wie Großbritannien, Frankreich und Italien als Land, das man nicht rausschmeißen kann. Die eher dürftige Begründung der Eurovision dafür lautet, dass diese Länder wegen ihrer Größe besonders viele Zuschauer haben.

Eine möglichst blutige Revolution ist hier dringend vonnöten.