Rechtsextremer Zuspruch für die FDP

Vom Feind geeint

Die Äußerungen von Jamal Karsli und Jürgen W. Möllemann werden von der extremen Rechten begeistert aufgenommen.

Seine Sprüche kommen gut an. Nicht nur auf Norderney, wo Jürgen Möllemann, der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen FDP, nach eigenen Aussagen am vorletzten Wochenende von begeisterten Touristen umringt und beklatscht wurde. Man kann sich schon vorstellen, welchen Äußerungen der Applaus galt. Auch die extreme Rechte greift die antisemitischen Sprüche des FDP-Politikers mit Begeisterung auf.

So verbreitete der NPD-Parteivorstand bereits vor zwei Wochen eine Mitteilung, in der Möllemanns »deutliche Worte« über Israels »offenen Krieg gegen die Palästinenser« gelobt werden. »Das hätte er besser nicht getan«, heißt es da und es folgen die üblichen rechtsextremen Verschwörungstheorien. So ist nicht nur die Rede von einer »Pro-Israel-Lobby« in der FDP, die gegen Möllemann in Stellung gebracht worden sei, sondern die NPD-Anführer versteigen sich gleich dazu, freilich etwas verklausuliert, von den Juden als der »fünften Besatzungsmacht« in Deutschland zu sprechen. So »enthüllt« der NPD-Vorstand die »wahren Machtverhältnisse« in Deutschland: »Deutscher Außenminister kann nur werden, wer von Washington genehmigt wird. Washington wird nur den genehmigen, der den Israelis nicht wehtut. Wenn die Freien Demokraten wieder Minister stellen wollen, dann sollten sie schleunigst ihren Kurs ändern und Frieden mit Ariel Sharon machen.«

Doch nicht nur die NPD ergreift jede Gelegenheit, um ihre antisemitische Hetze zu verbreiten. Auch stoertebeker.net, ein Internet-Projekt der so genannten Freien Nationalisten, bemüht einmal mehr die rechtsextreme Propagandathese von der jüdischen Verschwörung und stützt sich dabei dankbar auf die Äußerungen Möllemanns und des ehemaligen Grünen Jamal Karsli. »Mit unverminderter Härte dauert das Kreuzfeuer der nahezu gesamten bundesdeutschen Medienmacht sowie des ganzen Parteiensystems gegen den nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden Jürgen Möllemann und seinen Klienten Jamal Karsli an«, heißt es dort.

Die »Medienmacht« liegt dabei freilich in den Händen der »zionistischen Lobby«, zitiert stoertebeker.net die Worte Karslis aus einem Interview mit der rechtsextremen Wochenzeitung Junge Freiheit von Anfang Mai. In dem Blatt hatte Karsli von der »zionistischen Lobby« gesprochen, deren »Medienmacht (...) jede auch noch so bedeutende Persönlichkeit 'klein'« kriege. Nun, so heißt es in stortebeker.net, habe »der Zentralrat der Juden in Deutschland dafür (gesorgt), dass Karsli und Möllemann auch umgehend eine Probe von ihrer wahren Macht zu schmecken bekamen. Die jetzige Medienkampagne gegen die beiden dürfte auch dem unbedarftesten Volksgenossen die Augen öffnen, wer hierzulande bestimmt, was gut und was böse ist.«

Möllemanns Spruch, dass der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Michel Friedman, »mit seiner intoleranten und gehässigen Art« für eine Zunahme des Antisemitismus mitverantwortlich sei, wird dort zitiert. Wenn es gegen die Juden geht, dann sind selbst rassistische Überzeugungen für die Nazis von stoertebeker.net nur noch von untergeordneter Bedeutung: »Herr Karsli dürfte nun gelernt haben, dass der wahre Feind in dieser Gesellschaft keineswegs, wie bisher vielleicht geglaubt, am rechten Rand zu suchen ist, sondern an wesentlich zentralerer Stelle.« Denn der »Hass und die Wut des Systems« sei weit »intoleranter, gemeiner und gefährlicher (...), als alle mehr oder minder ausländerkritischen Bemerkungen sämtlicher nationalistischer Parteien und Gruppierungen der Bundesrepublik zusammengenommen.«

Ähnlichen Ärgumentationslinien folgt auch die National-Zeitung des Münchner DVU-Vorsitzenden Gerhard Frey. So sieht die aktuelle Ausgabe des Blattes »Möllemann im Visier Israels« und »enthüllt«, »wie man den FDP-Politiker fertigmachen will«. »Man«, das sind »Politiker und Medien insbesondere der westlichen Welt« und der »allerorten spürbare jüdische Einfluss«. Die National-Zeitung sieht sich offensichtlich selbst betroffen. So würden den Liberalen »Vorwürfe gemacht, die für eine etablierte bundesdeutsche Partei völlig ungewohnt sind und die sich bislang nur gegen die deutsche Rechte richteten«.

Auch das Gejammer über die »politisch korrekte Klasse«, das Karsli in seinem vom Adressaten am Mittwoch voriger Woche öffentlich verlesenen »Brief an Jürgen W. Möllemann« anstimmte, bietet den Rechten einen Anknüpfungspunkt. Seit den neunziger Jahren agitieren extreme und konservative Rechte mit dem Kampfbegriff »Political Correctness« erfolgreich gegen eine vermeintliche linke »Meinungsherrschaft«. Kein Wunder also, dass Freys Zentralorgan das Gerede Karslis von der »zionistischen Medienmacht« freudig repetiert und als »Beweis« für deren Existenz lediglich anführt, dass »die erwähnte Lobby« nun bemüht sei, »Karslis Einschätzung mit einem Exempel an ihm selbst zu bestätigen«.

Die »Juden« gängeln nach der Lesart der National-Zeitung inzwischen nicht mehr nur die »aufrechten Deutschen« von der DVU. Nein, schlimmer noch. Der Zentralrat der Juden versuche, »so als ob er Aufsichtsbehörde über die deutschen Parteien wäre, den Parteiausschluss von Karsli durchzusetzen«. Ähnlich lautende Argumente waren in der vergangenen Woche auch von FDP-Politikern zu vernehmen. Noch sei es nicht so weit, so der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki, dass der Zentralrat Personalentscheidungen der FDP treffe.

Wie viel Zuspruch die FDP aus rechtsextremen Kreisen erfährt, zeigt aber auch ein Blick ins Internetforum der Liberalen, wo bis zum Freitag rund 7 000 Beiträge zur Möllemann-Debatte eingegangen sind. Hier einige Kostproben: »Ihre arrogante, widerwärtige Art geht uns Deutschen auf den Keks«, schreibt ein A.S. an die Adresse Friedmans. »Sie denken leider nur egoistisch an unsere 'historische Schuld' und eine damit verbundene, ewige Bevorzugung Israels.« In einem anderen Beitrag heißt es, dass Friedman »nur all zu gerne die antisemitische Keule schwinkt um im Deutschen sofort Schuldgefühle zu erwecken und ihn unmündig zu machen. Wenn dabei Hass entsteht, haben die das sich selbst zuzuschreiben!«