Rechtsextreme Parteien vor der Wahl

Führer, bitte melde dich!

Ob DVU, Republikaner, NPD oder Schill-Partei, Deutschlands extreme Rechte hat bei der Bundestagswahl keine Chance.

Die Partei Pim Fortuyns in den Niederlanden und Jean-Marie Le Pens Front National in Frankreich haben es gerade erst wieder vorgemacht, wie das in ganz Europa vorhandene Potenzial von rechtsextremen Wählern bedient werden kann. In Deutschland aber ist noch immer keiner in Sicht, der das nachmachen könnte. Mehr als einzelne Erfolge bei Landtagswahlen, wie die Republikaner in Baden-Württemberg, die DVU in Sachsen-Anhalt oder die Schill-Partei in Hamburg, haben die rechtsextremen Parteien hierzulande bislang nicht zustande gebracht. Und auch bei den Bundestagswahlen am 22. September werden die ganz Rechten den Sprung ins deutsche Parlament wohl wieder nicht schaffen.

Gründe dafür gibt es einige: Die Zersplitterung der Szene, das Fehlen charismatischer Führerfiguren und die unübersehbare Unfähigkeit des vorhandenen Personals. Bedeutend ist auch, dass die bürgerlichen Parteien sich der Themen der extremen Rechten annehmen. Mit welchen extremen Forderungen soll man denn etwa bei der Zuwanderung oder der Inneren Sicherheit noch originell sein angesichts von Antiterrorgesetzen und Internierungslagern für Asylbewerber?

Auch in der Debatte um einen Krieg gegen den Irak hat die rot-grüne Bundesregierung nun einen »deutschen Weg« eingeschlagen und sich gegen die USA gestellt. Da können die Rechtsextremen nur beleidigt maulen. »Der deutsche Weg ist kein Fluchtweg für Landesverräter, Herr Schröder«, polterte der NPD-Vorsitzende Udo Voigt, um unmissverständlich zu fordern, dass kein »deutsches Blut für die Interessen der US-Ostküste« fließen dürfe.

Auch beim Thema Hochwasser kamen die Rechten zu spät. Weder Gerhard Schröder noch Edmund Stoiber ließen es sich nehmen, die nationale Solidarität zu beschwören. Zwar riefen auch die Republikaner, die NPD und die DVU zu nationalen Spendenaktionen auf, gegen die Kampagnen fast aller Fernsehsender und Tageszeitungen kamen sie aber nicht an.

Vor allem den Republikanern droht bei den Bundestagswahlen ein Absturz sondergleichen. In Baden-Württemberg, wo sie vor zehn Jahren in den Landtagswahlen 10,9 Prozent erreichten und wo ihre Abgeordneten neun Jahre lang im Parlament saßen, befindet sich die Partei regelrecht in Auflösung. Nur noch zwei Direktkandidaten treten an, ein Wahlkampf findet praktisch nicht statt. Der Parteivorsitzende Rolf Schlierer reist zwar durch die Provinz, er spricht allerdings nur noch in Hinterzimmern in Rosenheim und Steinbrünning oder im Vereinsheim Garbsen-Meyenfeld.

Die Republikaner haben abgewirtschaftet, und Gerhard Freys Phantompartei DVU tritt zu den Bundestagswahlen diesmal erst gar nicht an. So ruhen die Hoffnungen der Rechten vor allem auf dem Shootingstar der Szene, Hamburgs Innensenator Roland Schill. Doch nach dem Scheitern seiner Partei Rechtsstaatliche Offensive (Schill-Partei) bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt dürfte es beim Traum von einem Einzug in den Bundestag bleiben.

»Sechs Prozent« werde seine Partei holen, verkündet Schill zwar immer noch unbeirrt, Umfragen zufolge dürften es aber kaum mehr als zwei werden. Schill ist einfach zu schräg. Mit seinen Party- und Koksskandalen wird er sich bei Proloskins und arbeitslosen Protestwählern kaum beliebt gemacht haben. Seine bürgerliche Klientel vergrätzte er mit seinem Auftritt vor dem Bundestag, wo er als Hamburger Innensenator über das Hochwasser reden sollte, aber lieber gegen Migranten hetzte und die Redezeit so lange überzog, bis ihm das Mikrofon abgestellt wurde.

Auch sonst ist sein Bundestagswahlkampf vor allem von Peinlichkeiten gekennzeichnet. Ein Auftritt Schills in Dortmund wird demnächst den nordrhein-westfälischen Landtag beschäftigen. Denn seine Leibwächter, zwei aus Hamburg mitgebrachte Polizisten, richteten dort ihre Pistolen auf Demonstranten.

Als er sich Anfang September zu seinem einzigen Wahlkampfauftritt in Bayern aufmachte, versetzte Schill seine Parteifreunde, die im Dachauer »Zieglerbräu« auf ihn warteten, und besuchte stattdessen ausgerechnet die KZ-Gedenkstätte. Zum gänzlichen Fiasko geriet der Plan einer Wahlkundgebung auf dem Münchner Marienplatz. Schills Anhänger hatten vergessen, die Veranstaltung rechtzeitig anzumelden. Also blieb dem Parteivorsitzenden nur ein Spaziergang durch die Innenstadt, begleitet von einer gegen ihn gerichteten Demonstration.

Auch die NPD provoziert im laufenden Bundestagswahlkampf vor allem Proteste. Zu ihren Kundgebungen in Gießen und Marburg kamen nach Angaben der Polizei keine Anhänger der Partei, dafür über 1 000 Gegendemonstranten. Die versammelte Parteiführung wurde mit Eiern, Tomaten und Kartoffeln eingedeckt und erhielt eine kalte Dusche aus einem Wasserschlauch.

Eine Veranstaltung der NPD vor dem Frankfurter Römer musste vorzeitig abgebrochen werden, in Darmstadt wurde das Auto des Parteivorsitzenden mit einem Molotow-Cocktail beworfen. Es herrsche »eine Pogromstimmung gegen alle nationalen Deutschen«, jammerte der Pressesprecher der Partei, Klaus Beier, angesichts des Widerstands gegen die Naziaufmärsche.

Unterstützung erhält die Partei allerdings vom Verfassungsschutz und immer wieder auch von deutschen Richtern, die regelmäßig Verbote von Demonstrationen der NPD aufheben. Wie in der vergangenen Woche in Potsdam, wo das Verwaltungsgericht eine für Samstag geplante und zunächst verbotene Kundgebung wieder erlaubte. Die Veranstaltung unter dem Motto »Schluss mit der Masseneinwanderung russischer Juden. Deutschland uns Deutschen« stelle keine »unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit« dar, meinten die Richter.

Bereits am 1. September marschierte die NPD, von der Polizei geschützt, in Schönwalde auf. Immerhin: Ein Vertreter der Ordnungsmacht protestierte. Ein Polizeihund verrichtete seine Notdurft vor der anrollenden Nazidemonstration und verschönerte ein paar Springerstiefel.