Däubler-Gmelins Wirrnisse

Herta Sozi

Sie redete sich um Kopf und Kragen. Sie dementierte, wich aus, verwechselte Zusammenhänge, und keiner der anwesenden Journalisten blickte noch durch. Am vorigen Freitag versuchte Herta Däubler-Gmelin (SPD) in Berlin auf der Bundespressekonferenz zu erklären, was sie in Derendingen bei einer Diskussion mit Gewerkschaftern zwei Tage zuvor gesagt hatte.

»Bush will von seinen innenpolitischen Schwierigkeiten ablenken. Das ist eine beliebte Methode. Das hat auch Hitler schon so gemacht.« So zitierte das Schwäbische Tagblatt die Bundesjustizministerin. Nachdem Helmut Kohl in der Vergangenheit bereits Michail Gorbatschow mit Joseph Goebbels und Wolfgang Thierse mit Hermann Göring verglichen hatte, wissen wir nun also auch, wie man sich den Führer vorzustellen hat.

Es sei ihr um die »Methode der Ablenkung« gegangen, sagte Däubler-Gmelin und gab zu: »Ich habe gesagt, das kennen wir aus unserer Geschichte seit Adolf Nazi.« Ihre Äußerungen klangen an diesem Tag noch verrückter als die Zitate im Schwäbischen Tagblatt. Auf die Frage eines Reporters, was sie damit gemeint habe, antwortete sie: »Eigentlich überhaupt nichts.« Je länger sie sprach, desto unsinniger wurde ihre Rede.

Däubler-Gmelin behauptete auch, die »wahlkampfaufgeladene Berichterstattung beginnt, Schatten auf das gute deutsch-amerikanische Verhältnis zu werfen«. Dabei war es die rot-grüne Bundesregierung, die sich als Schattenwerferin betätigte. Das Kalkül der SPD bestand darin, eine verloren geglaubte Wahl mit antiamerikanischen Parolen noch zu gewinnen. Die SPD lenkte ab, und zwar von den hohen Arbeitslosenzahlen. Was Däubler-Gmelin Bush vorwarf, praktizierte die SPD selbst.

Kritik an den USA kam in den vergangenen Wochen von vielen Sozialdemokraten. Von Wolfgang Thierse genauso wie von Gerhard Schröder und vom Fraktionsvorsitzenden Ludwig Stiegler, der Bush mit Julius Cäsar verglich. Wenn Däubler-Gmelin betonte, sie habe nicht gewusst, dass in Derendingen Journalisten anwesend gewesen seien, zeigt das nur, wie der Wahlkampf der SPD ablief und worüber an den Infoständen debattiert wurde, wenn die Mikrofone ausgeschaltet und keine Journalisten anwesend waren.

Aber auch die Opposition ließ sich nicht lumpen. Edmund Stoiber räsonierte am vorigen Donnerstag in einer RTL-Sendung darüber, dass er als Kanzler den USA die Nutzung in Deutschland liegender Militärstützpunkte verweigern würde, sollte es zu einem US-amerikanischen Alleingang gegen den Irak kommen. Seine Berater mussten ihn später korrigieren, da nach dem Nato-Statut Deutschland gar nicht über die Nutzung solcher Stützpunkte entscheiden kann. Aber spannend wäre sie gewesen, die Sitzblockade vor der US-Kaserne mit Edmund Stoiber.

Das deutsch-amerikanische Verhältnis erlebt im Moment seine schwerste Krise seit 1945. Auch Schröders Brief an Bush vermochte da nichts mehr zu retten. So verkündete US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld bereits, auf der bevorstehenden Nato-Tagung in Warschau seinen deutschen Kollegen nicht treffen zu wollen.

Daran trägt Däubler-Gmelin sicherlich nicht die alleinige Schuld. Dass sie noch lange Justizministerin bleibt, ist dennoch mehr als fraglich. Aber sie wird einen neuen Job finden. Vielleicht tritt sie ja als Schauspielerin in der Sat.1-Serie »Die Anstalt« auf. In den Drehpausen kann sie dann darüber nachdenken, ob Adolf Hitler den Zweiten Weltkrieg wirklich angefangen hat, um von innenpolitischen Schwierigkeiten abzulenken.