Rechtsextreme Demonstrationen in Grafenwöhr

One Nazi World

Die extreme Rechte verstärkt ihre Friedensaktivitäten. In Grafenwöhr soll am 7. Dezember gegen die dort stationierten US-Truppen demonstriert werden.

Grafenwöhr darf nicht zum Agitationsfeld für rechte Gruppierungen werden«, klagte der Bürgermeister Helmuth Wächter dem Lokalblatt Der neue Tag kürzlich sein Leid. Denn für den 7. Dezember haben die Jungen Nationaldemokraten (JN) eine Demonstration in der bayerischen Kleinstadt angemeldet. Das Motto lautet: »Stoppt den Ausbau der amerikanischen Völker-fort-zentrale - Ami go home!«

Die Demonstration sei wohl nicht zu verhindern, sagt Wächter, schließlich seien Demonstrationen »ein demokratisches Grundrecht«. Auf die Frage, wie er sich erkläre, dass die Rechtsextremen ausgerechnet in seiner Stadt aufmarschieren wollen, verweist er auf die Berichte über die geplante Aufstockung des US-Kontingents in Grafenwöhr. Die US-Amerikaner wollen den Stützpunkt zu einem Zentrum des »Anti-Terror-Kriegs« ausbauen. Die Stadt selbst habe gegen diese Erweiterung nichts einzuwenden, schließlich lebe man mit dem Truppenübungsplatz seit »100 Jahren«, meint Wächter. Seit 1910 bestehe er, 1945 seien die Amerikaner gekommen und es habe »nie Probleme gegeben«.

Erwartet werden zur Demonstration der JN rund 150 Teilnehmer. Antifaschisten vermuten jedoch, dass mehr Nazis kommen werden. In Grafenwöhr sieht man dem Aufmarsch dennoch gelassen entgegen. Willi Keck, der geschäftsleitende Beamte der Stadt, berichtete, die Vertreter der JN hätten sich »betont kooperativ« gegeben. »Wir wollen keine Übergriffe oder Randale«, hätten die Rechtsextremen versichert. Auch Peter Schiml vom zuständigen Landratsamt in Neustadt an der Waldnaab blieb zurückhaltend. Die Anmeldung der Demonstration sei »ein ganz normaler Vorgang«.

»Ganz normal« erscheint inzwischen der Versuch der extremen Rechten, sich als Antikiegsbewegung zu inszenieren. Erst am 23. November demonstrierte die NPD unter dem Motto »Kein Blut für Öl« in Potsdam. Mit Palästinensertüchern um den Hals skandierten die Neonazis: »Solidarität mit Palästina«.

In ihren Aufrufen pflegt die NPD inzwischen einen globalisierungskritischen Jargon. »Das Respektieren anderer Völker und Kulturen ist Grundvoraussetzung, um eine friedliche Weltordnung zu schaffen. Dem steht der US-Globalismus, sprich US-Imperialismus, entgegen, der durch Völkerzerstörung und Missachtung des Völkerrechts sein 'One-World-Reich' vollenden will«, heißt es in einer Erklärung des baden-württembergischen Landesverbandes. Die NPD fordert, »keine Deutschen Soldaten fremden Interessen zu opfern«, und wünscht sich eine »Völkerverständigung durch Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts«.

Die Solidarität der Neonazis mit dem Regime im Irak hat eine lange Tradition. Bereits 1991 anlässlich des zweiten Golfkriegs, als der Irak Kuwait besetzte, boten sich Neonazis dem Regime als Söldner an. Der Kampfbund Deutscher Sozialisten pflegt heute gute Kontakte zur irakischen Botschaft in Deutschland. Einer der Anführer der Gruppe, Thomas Brehl, soll eine persönliche Einladung erhalten haben, die Jüdische Allgemeine Wochenzeitung zitiert aus dem Schreiben: »Der Geschäftsträger der Botschaft Irak, Shamil A. Mohammed, und seine Frau, Maisoun Mohammed, geben sich die Ehre.«

Brehl beschreibt in seiner Schrift »Nieder mit den USA!« die Iraker als das »unbeugsame Volk, das sich unter der genialen Führung des großen Staatsmannes Saddam Hussein bisher allen Versuchen widersetzte, große Teile seiner Souveränität aufzugeben, um zum willfährigen Satelliten Amerikas degradiert zu werden«. Am Ende des Textes ist angemerkt, dass er für die irakische Tageszeitung Al-Thawra geschrieben wurde.

Auch die freie Kameradschaft Widerstandnord agitiert heftig gegen einen Irakkrieg und vor allem gegen die USA. Ein Flugblatt trägt den Titel: »Terror ist ein Meister aus Amerika«. Hier heißt es, die USA wollten eine neue Weltordnung errichten, die auch als »Oneworld« bezeichnet werde und in der es »nach dem Willen einer kleinen globalen Machtclique keine freien Völker und keine unabhängigen Regierungen mehr geben« solle.

Und so sieht Widerstandnord die Geschichte: »Sie wollen die totale Kontrolle weltweit! Wir Deutschen waren die ersten Opfer des amerikanischen Größenwahns. Unsere damalige Reichsregierung hatte es gewagt, den Weg in die politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit zu gehen. Die USA traten planmäßig in den Zweiten Weltkrieg ein und zerbombten deutsche Städte rücksichtslos, so wie sie es heute im Irak oder anderswo tun. Der feige Luftterror von Amerikanern und Briten gegen die wehrlose Lazarettstadt Dresden im Februar 1945 forderte rund 300 000 Opfer.« Unter der Losung »Besatzer raus« ruft die Gruppe auch zur Teilnahme an der Aktion in Grafenwöhr auf und fordert: »Keinen Quadratzentimeter deutscher Boden für fremde Truppen!«

Der Antisemitismus und der Antiamerikanismus sind die ideologischen Beweggründe, die die Rechtsextremen im Moment zu Friedensdemonstrationen auf die Straße treiben. Horst Mahler von der NPD gab im vergangenen Jahr, nach den Anschlägen in den USA, die Richtung an. In seiner Schrift »Das Recht und die 'große metallene Bestie'« hetzte er: »Der in der neuen Welt nun auch zu militärischer Macht gelangte jüdische Auserwähltheitswahn duldet nicht die Völker und Nationen als selbstbestimmte Gemeinwesen (...) Das Große Töten durch die judäoamerikanische Massenvernichtungsmaschine wird so lange anhalten, bis die Völker im Herzen Zebaoth den Teufel erkannt haben und ihn zur Hölle jagen.«

Mit ihren antiamerikanischen Parolen versucht die extreme Rechte nun, in der Friedensbewegung Fuß zu fassen. So nahmen am 21. November 20 Neonazis vom »Nationalen Widerstand« an einer Antikriegskundgebung von Attac in München teil, ohne dass die Veranstalter entschieden einschritten. »Alle Redner haben sich gegen die Nazis ausgesprochen«, sagte Sue Dürr von Attac-München. Man habe auch die Polizei auf die Neonazis angesprochen, doch sie habe nichts unternehmen können. Vielleicht klappt es in Grafenwöhr ja besser.