Nachrichten

Deutsche Bohrer, deutsches Geld

Rüstungsgeschäft. Bohrer sind zu unterschiedlichen Zwecken verwendbar. Mit den Bohrwerkzeugen, die ein 59jähriger Geschäftsmann aus Pforzheim im Jahr 1999 in den Irak lieferte, hätten Geschützrohre für die Artillerie hergestellt werden können, stellte das Mannheimer Landgericht am vergangenen Freitag fest. Auf fahrbare Panzerlafetten gebaut, hätte damit atomare, chemische oder biologische Munition 70 Kilometer weit geschossen werden können. Das Gericht verurteilte den Mann zu fünf Jahren und drei Monaten Haft. Sein Komplize wurde zu einer Strafe von zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.

Arbeitslosenhilfe ins Sparschwein

Sozialabbau. Deutsche Minister sollten ab jetzt nicht mehr überlegen. Dann bliebe uns einiges erspart. Zum Beispiel das neueste gedankliche Produkt Wolfgang Clements, der einen Ausbildungs- und Arbeitszwang für Jugendliche will. Wer jünger ist als 25 Jahre und die Arbeitslosen- oder Sozialhilfe beantragt, müsse »zwingend eine Ausbildung absolvieren und danach arbeiten«. So zitiert der Spiegel den sozialdemokratischen Superminister.

Schon vom Gedanken zum Plan gereift, doch genauso verzichtbar, ist die Reduzierung der Arbeitslosenhilfe auf einen Zuschuss zum Sozialhilfesatz in Höhe von 29 bis höchstens 160 Euro monatlich für »Arbeitsfähige« und -willige. So will die Regierung nach Angaben des Nachrichtenmagazins drei Milliarden Euro sparen.

150 Prozent

Wahlfälschung. In Bayern gehen die Urnen anders, das ist spätestens seit dem Skandal um die Wahlfälschung in Dachau allseits bekannt. Am Dienstag vor einer Woche wurde ein ehemaliger Kommunalpolitiker der CSU, Wolfgang Aechtner, wegen seiner Schummelei mit den Stimmzetteln vom Landgericht München II zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Als Bewährungsauflage verhängte das Gericht außerdem eine Geldbuße in Höhe von 125 ooo Euro.

Aechtner hatte vor der Kommunalwahl im März des vergangenen Jahres älteren Mitbürgern die Unterlagen zur Briefwahl besorgt und im Sinne der CSU manipuliert. Auf 466 Stimmzetteln machte er das Kreuz an der rechten Stelle. Das Wahlkampffieber habe ihn zu seinem Betrug verleitet, erklärte der 67jährige Rentner vor Gericht, er trat inzwischen aus der CSU aus. Das Gericht befreite den früheren Leiter einer Bankfiliale aber auch von einer schweren Qual. Aechtner darf vier Jahre lang nicht wählen.

Bomben ohne Feierabend

Antikriegsaktion. Sirenengeheul, Bombengeräusche und Rufe ertönten am frühen Morgen des 29. Januar in der Tucholskystraße in Berlin-Mitte. Zehn Minuten dauerte der laute Auftritt mit Silvesterböllern, der Außenminister Joseph Fischer aus dem Schlaf reißen sollte. Etwa 25 Kriegsgegner protestierten vor seinem Domizil gegen die aktuellen deutschen Militäreinsätze und die deutsche Außenpolitik im Irakkonflikt. »Krieg kennt keinen Feierabend«, stand auf einem Transparent.

In einer Erklärung zu der Aktion kritisierten »Fred Feuerstein und FreundInnen« die Gründe für die Ablehnung eines Angriffs auf den Irak durch die Bundesregierung: »Das deutsche Nein zum Krieg ist zuallererst strategisches Mittel der Militarisierung der BRD und Testballon im internationalen Kräftespiel.« Die Aktion richte sich dennoch auch gegen den drohenden Irakkrieg: »Es gibt nichts, was durch diesen Krieg besser wird. Dieser Krieg wird nicht geführt, um Terror und Gewalt zu bekämpfen, sondern um das Monopol darauf zu behaupten.« In der Erklärung wird zu Aktionen gegen die militärische Infrastruktur in Deutschland aufgerufen. Auch für Bescheidenere ist ein Vorschlag dabei: »Spucke auf Uniformen kommt auch gut.«

Power durch die Mauer

Brandanschlag. »Wir solidarisieren uns mit den Häftlingen im Berliner Abschiebeknast Grünau. Mit Selbstverletzungen, Hunger- und Durststreiks versuchen Gefangene immer wieder sich zu wehren. (…) Die menschenverachtende Abschottungs- und Ausgrenzungspolitik der BRD im Rahmen der Europäischen Union geht über Leichen.« In einem Schreiben, das bei der Jungle World einging, bekannten sich Unbekannte zu einem Brandanschlag auf den Berliner Innensenat in der Nacht zum 27. Januar.

In Berlin-Grünau verweigerten Ende der vergangenen Woche immer noch sechs Gefangene die Nahrungsaufnahme (Jungle World, 6/03).

Achtung, Zugpiraten!

Deutsche Bahn. Über die Deutsche Bahn AG lässt sich vieles sagen. Möglicherweise sogar Schlechtes. Eines jedoch nicht: dass mit ihr zu spaßen wäre. Wenn Fahrgäste einen Fernverkehrszug besteigen, für den ihr Ticket nicht gilt, so wird hart durchgegriffen. Auch wenn die Reisenden gewillt sind, den Aufpreis zu zahlen, um pünktlich zur Arbeit zu kommen.

So geschah es Ende Januar in Recklinghausen. Zwei Dutzend Berufspendler stiegen in einen ICE nach Essen, statt wie üblich in den verspäteten Regionalzug. Der Schaffner konnte angeblich die Differenzbeträge nicht abrechnen und alarmierte deshalb die Staatsschützer. Beamte des Bundesgrenzschutzes gingen gegen die terroristische Vereinigung vor, führten ihre Mitglieder ab, stellten die Personalien fest und verhängten Bußgelder von je 42 Euro. Bild am Sonntag berichtete von diesem unerhörten Ereignis. »Es grenzt an moderne Freibeuterei, wenn Reisende einfach einen Zug entern«, erklärte ein Sprecher der Bahn. Eine »generelle Amnestie« für die Pendelrebellen schloss er aus, obwohl die Fälle geprüft würden.