Der Belgier

ich-ag der woche

Der Belgier ist dem Krieg eher abgeneigt, und zwar nicht aus idealistischen Erwägungen. Seit der Einführung stehender Heere musste das kleine Belgien zweimal die Erfahrung machen, dass es, abgesehen von einem kolonialen Intermezzo, dazu tendiert, gemetzelt zu werden und nicht zu metzeln. Außerdem bewegt den Belgier seit der Eröffnung der ersten Feuerstein-Minen in der Provinz Hainaut (2600 v. Chr.) die Überlegung: Rentiert es? Und was den Krieg betrifft, so hat der Belgier die Antwort gefunden: Es kann nicht rentieren. All die schönen Dinge, die da zu Klump geschossen werden, ließen sich durchaus noch gewinnbringend veräußern, all die Panzer, die zu Schrott gefahren werden, fänden irgendwo in Afrika bestimmt noch einen Abnehmer. Dem Kaufmann im Belgier tut der Krieg weh.

Was ihm aber noch mehr weh tut, ist, dass es keine einfache Antwort gibt. Zum Beispiel letzte Woche. Da war der Belgier gegen den Krieg, weil erstens: Belgien, Deutschland, Frankreich. Schick, was? Da schaut das kleine Belgien gar nicht mehr so klein aus. Zweitens: Siehe oben. Kaum war’s raus, kamen dem Belgier aber ernsthafte Zweifel. »Frankreich und Deutschland können sich so was vielleicht leisten«, musste er in seiner Zeitung lesen, »aber das kleine exportabhängige Belgien kann es sich unmöglich mit den USA verscherzen.« Es ist ein Dilemma, dachte sich der Belgier: Bin ich für den Krieg, rentiert er nicht, bin ich gegen ihn, erst recht nicht. Wenn das Großsein doch nicht so schwer wäre.

lucien maigret