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Für Frieden und Freundschaft

Irakpläne. Die Bundesregierung schmiedet fleißig Pläne für die Zeit nach dem Krieg gegen den Irak. Nach Angaben des Spiegel ist ein Hilfsprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau sowie die Entsendung einer Friedenstruppe von 1 000 Soldaten geplant. Zumindest wenn die Vereinten Nationen um Hilfe bäten, könne sich Deutschland »schwerlich entziehen«, zitiert das Nachrichtenmagazin ein Kabinettsmitglied.

Zwar halte Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) solche Pläne laut Welt am Sonntag für nicht finanzierbar, schließlich kosteten die aktuellen Auslandseinsätze bereits zwei Milliarden Euro pro Jahr. Aber vielleicht kann ihn der Kanzler noch überzeugen, dass sich die Investition lohnt. Schließlich könnte ein solcher Friedenseinsatz der Beginn einer wunderbaren Freundschaft zwischen Deutschland und dem Irak sein. Beziehungsweise ihre Fortsetzung.

Spuren der Vergangenheit

Prozess gegen Nadir. Menschen können sich theoretisch ändern. Aber kann ein Mensch nach seiner Verwandlung verlangen, dass alle Äußerungen über sein altes Ich der Öffentlichkeit entzogen werden, auch wenn keine Lügen dabei sind? Bei allgemein zugänglichen Archiven, in denen Druckerzeugnisse gelagert werden, käme wohl niemand auf eine solche Idee. Im Internet ist die Sache insofern eine andere, als Texte aus der Vergangenheit leicht wieder ausgegoogelt werden können.

Beim Prozess des Personalleiters der MG Technologies AG, Jost Berstermann, gegen Nadir e.V. geht es ums Prinzip. Seit dem vergangenen Dienstag wird vor dem Landgericht in Berlin verhandelt, ob ein seit 1997 bei dem unabhängigen Informationsnetzwerk zugänglicher Text für die Öffentlichkeit bestimmt sei oder nicht.

Unter www.nadir.org/nadir/periodika/anarcho_randalia/br_4/

saenger.htm wird über eine Feier der schlagenden Osnabrücker Studentenverbindung Landsmannschaft Marchia Berlin im Jahr 1997 berichtet, auf der auch die beiden ersten Strophen des Deutschlandliedes gesungen worden seien. In diesem Zusammenhang fällt der Name des Klägers, der als alter Herr zugegen und auch Festredner gewesen sei. Während seiner aktiven Zeit bei Marchia sei er »anscheinend in der NPD« gewesen, später, in den achtziger Jahren, habe er es »kurzfristig bei den Republikanern« versucht. Die Informationen über Berstermann decken sich mit einem damaligen Artikel des Osnabrücker Stadtblatts.

Im Falle seiner Niederlage wäre Nadir e.V. – bei dem auch Jungle World archiviert ist – in seiner Existenz bedroht. Und andere, ebenso absurde Prozesse könnten folgen.

Entschieden antisemitisch

Jamal Karsli. Jetzt ist es amtlich. Die Grenze zur Diffamierung ist nicht überschritten, wenn man Jamal Karsli einen Antisemiten nennt. Nach einem Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom vergangenen Mittwoch darf der fraktionslose Abgeordnete im nordrhein-westfälischen Landtag öffentlich des Antisemitismus beschuldigt werden.

Karsli hatte gegen den Präsidenten des Zentralrats der Juden, Paul Spiegel, und seinen Stellvertreter Michel Friedman prozessiert, die einige seiner Äußerungen als antisemitisch bezeichnet hatten. Das Gericht hielt diese Anschuldigungen für »nicht ganz haltlos und aus der Luft gegriffen«. Der frühere Politiker der Grünen, der zur FDP wechseln wollte, hatte sich über den Einfluss einer »zionistischen Lobby« auf »den größten Teil der Medienmacht in der Welt« beklagt.

Nun fühlt sich Karsli erwartungsgemäß missverstanden und schlecht behandelt. Er will die Entscheidung des Gerichtes noch einmal »gründlich prüfen« und möglicherweise in Berufung gehen.

Kein Rat mehr

Leere Kasse. Menschen, die von Sozialhilfe leben müssen, haben ohnehin schon viele Probleme. Jetzt kommt noch eins hinzu: Eine zentrale Beratungsstelle mit Sitz in Frankfurt am Main muss wahrscheinlich schließen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialhilfeinitiativen e.V. (BAG-SHI), die Einzelpersonen und Sozialhilfeinitiativen aus dem ganzen Bundesgebiet als Gesprächspartnerin diente, wurde bisher zu 80 Prozent vom Ministerium für Gesundheit und soziale Sicherung finanziert, da die Vereinsmitglieder nur geringe Mitgliedsbeiträge aufbringen können. Im laufenden Jahr hat das Ministerium dem gemeinnützigen Verein jedoch noch kein Geld überwiesen. Die Gründe dafür sind nicht eindeutig. Eine Umstrukturierung im Ministerium könnte ein Grund für die Verzögerung sein. Aus dem Ministerium hieß es, solange der Bundeshaushalt für 2003 nicht verabschiedet sei, könne kein Geld bewilligt werden.

»Die Früchte der bislang geleisteten Arbeit werden zunichte gemacht«, heißt es in einer Pressemitteilung der BAG-SHI. Zurzeit ist die Geschäftsstelle in Frankfurt geschlossen, und den beiden hauptamtlichen MitarbeiterInnen wurde vom Vereinsvorstand gekündigt. Der Verein bittet um Spenden, »um die Tätigkeiten in eingeschränktem Umfang weiterführen zu können«. Kontakt: bagshi-frankfurt@web.de

Schlaffe Linke

1. Mai. »Zumindest wenn es um Straßenschlachten geht, scheint bei vielen linksradikalen Gruppen die Luft raus zu sein«, berichtet die Berliner Zeitung im Einklang mit dem Verfassungsschutz. Der nämlich stellte eine »wesentlich schwächere« Mobilisierung für den 1. Mai als üblich fest. Eine angemeldete Demonstration für 18 Uhr gebe es bisher nicht. Schließlich habe sich auch die Antifaschistische Aktion Berlin (AAB) kürzlich in einen »autonomen und einen ›Yuppie‹-Flügel« gespalten. Der Politikprofessor Peter Grottian, der wahre Kenner der Linksradikalen, findet jedoch, dass »keine Rede von einer erschlafften Szene« sein kann. Die Berliner Gruppen konzentrierten sich derzeit lediglich auf den Irakkrieg.