Von Dresden nach Basra

Die Rechtsextremisten nutzen die Gunst der Stunde und verschärfen ihre antiamerikanische Propaganda. von thomas krause

Der Freiheitskampf des irakischen Volkes unter Führung Saddam Husseins findet die vollste Unterstützung der NPD«, erklärt die Partei, und erläutert auch gleich, warum: »Wir als ein von den Amerikanern besetztes Land, das noch nicht einmal einen Friedensvertrag mit den USA hat, sollten auf gar keinen Fall willige Helfer der imperialistischen US-Macht und Millitärmachtmaschinerie sein. Die derzeitige BRD-Marionettenregierung wird keine lange Zukunft haben, solange sie bedingungslos Seite an Seite mit Aggressoren kämpft und seien es nur Luftraumzuverfügungsstellungen, Material und Hilfstruppen.«

Wie alle Fraktionen der extremen Rechten zeigt sich die NPD in diesen Tagen unverhohlen antiamerikanisch und ergeht sich in Solidaritätsadressen an den irakischen Diktator. Die irakischen Truppen müssten »ein Zeichen setzen in der Welt und die Alliierten Völkerrechts- und Kriegsverbrecher mit geballter Kraft aus ihrem Lande werfen«.

Auf ihren Internetseiten fordert die NPD einen Boykott von Waren aus den USA: »Erneut haben US-imperialistische Truppen ein Land überfallen. Jedes Volk hat ein Recht auf Selbstbestimmung, auch wenn dies den Interessen der US-Wirtschaft zuwider läuft! Kauft oder verzehrt daher so lange keine Waren aus den USA, bis das Völkerrecht wieder hergestellt und die US-Aggression gestoppt ist!«

Die DVU hingegen meint: »Wir Deutschen wissen, was Krieg bedeutet.« Sie will die »Bundeswehr aus kriegsgefährdeten Regionen im Ausland« zurückholen. Der Vorsitzende der DVU, Gerhard Frey, sagt: »Es ist gerade jetzt wichtig wie nie zuvor, Flagge gegen die Verwicklung Deutschlands in fremde Konflikte zu zeigen.«

Die National-Zeitung stellt fest, die Deutschen seien sich »einig wie selten zuvor: Nein zu Krieg und Gewalt! 90 (!) Prozent haben von Bush und seinen Kriegern die Nase gestrichen voll.« Die USA zeigten mit dem Krieg »tatsächlich genau jene Fratze, die bin Laden und Gesinnungsfreunde von Washington zeichnen«. Weiter heißt es, »seit 200 Jahren« brächten die USA »Tod und Leid über diese Welt«.

Ein »segensreicher Kollateralschaden der Bomben aus Washington« sei hingegen »die Tatsache, dass immer mehr Deutsche zumindest erahnen, was sich damals in deutschen Luftschutzkellern abgespielt haben muss. Wurde uns bislang erzählt, deutsche Zivilisten hätten die amerikanischen ›Befreier‹ mit Konfetti empfangen, so setzt sich nun Stück für Stück die Einsicht durch, dass Deutsche einst ebenso Opfer der gnadenlosen und blutigen Bomben-Willkür nach amerikanischer Art waren wie in diesen Stunden die armen, armen Iraker.«

Wie die NPD und die DVU fordern auch die Republikaner die Bundesregierung auf, unverzüglich die deutschen Soldaten aus Kuwait und Afghanistan abzuziehen. Die Politik von Bundeskanzler Gerhard Schröder sei angesichts der Gewährung von Überflugrechten »scheinheilig und inkonsequent«.

Die Republikaner fordern außerdem, Polen und Tschechien wegen deren Unterstützung der USA den Beitritt zur Europäischen Union zu verweigern. Außerdem will die Partei ein Mahnmal für die »Opfer des anglo-amerikanischen Bombenterrors« errichten lassen. Ihr Bundesvorsitzender Rolf Schlierer sagt: »Gerade vor dem Hintergrund des Kriegsverbrechens von Dresden müssen wir als Deutsche entschieden widersprechen, wenn amerikanische und britische Politiker wiederum bedenkenlos zum Mittel des Luftkriegs gegen andere Länder greifen wollen, um ihre geopolitischen und ökonomischen Interessen durchzusetzen.«

Auch die freien Kameradschaften agitieren gegen die USA. Das neonazistische Aktionsbüro Norddeutschland erklärt auf seiner Internetseite: »Wir wollen frei sein, wie die Väter waren! Darum können wir gar nicht anders, als uns ganz grundsätzlich und entschlossen gegen die globale Machtpolitik der USA zu stellen.« Und der Nationale Beobachter Halle/Saale schreibt unter der Überschrift »Die Aggressoren boykottieren«: »Machtlos muss die weltweite Friedensbewegung nun zuschauen, wie die macht- und geldgierige Ostküsten-Lobby sich über jegliches Völkerrecht hinwegsetzt und seit 3.33 Uhr MEZ einen Angriffskrieg offiziell gegen den Irak begonnen hat.«

Im oberpfälzischen Grafenwöhr demonstrierten am 22. März bereits zum zweiten Mal rund 90 Anhänger der NPD am Eingangstor zu Europas größtem US-Truppenübungsgelände. (Jungle World, 50/02) Der Sprecher der NPD, Günter Kursawe, sagte in seinem Beitrag: »Wir sind die Einzigen, die ehrlich gegen diesen Angriffskrieg der Amerikaner protestieren.« Auf Transparenten war zu lesen: »Kampf dem US-Imperialismus«, »USA – Schurkenstaat Nr. 1« und »USA – Bombenterror im Namen der Menschenrechte«. Die Polizei griff schließlich ein, als die Menge skandierte: »USA – internationale Völkermordzentrale«.

Am 28. März lautete das Motto auf einer Demonstration im nordrhein-westfälischen Schwelm: »Gegen US-Staatsterrorismus, Angriffskrieg ist Völkermord, wir haben unser Nürnberg hinter uns, ihr werdet euers noch erleben.« Im hessischen Hanau demonstrierten am 29. März 200 bis 300 Rechtsextremisten gegen den Irakkrieg mit Transparenten wie: »Kein Blut für Israöl«.

Nazis tauchen aber auch auf den »normalen« Friedensdemonstrationen auf. In Sachsen-Anhalt beteiligten sich bereits zum zweiten Mal Rechtsextreme offen an einer Demo des Friedensbündnisses »Friedenskreis Halle«. In der Stadt soll auch am 1. Mai eine Nazidemo gegen den Krieg stattfinden. Auch in Neuruppin und in Greifswald beteiligten sich kürzlich Neonazis an Friedensdemonstrationen, womit sich die Demonstranten schwer taten, wenn sie es nicht sogar duldeten, wie das Antifaschistische Infoblatt berichtet.

Dass es auch anders geht, zeigten die Veranstalter einer Demonstration von rund 9 000 Menschen am 22. März in Jena. Hier forderte der Jugendpfarrer Lothar König die Polizei auf, Rechtsextreme aus dem Protestzug zu entfernen. Als die Polizei dieser Forderung nicht entschieden nachkam, gingen ein paar Antifas und andere Demonstranten selbst ans Werk.