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Eine Homestory, das wissen Journalisten, ist eine Reportage über einen Hausbesuch, am besten bei einem Prominenten. Bekanntlich hat ein richtiger Journalist alles, was zu einer richtigen Homestory gehört, in Form von Textbausteinen abgespeichert.

Das geht dann so: »Die Tür wird von einem strahlenden Hausherrn / der lächelnden Dame des Hauses geöffnet.« In dieser Redaktion könnte das so funktionieren: »Mit lieblicher Stimme bellt es durch die Gegensprechanlage, der Besucher solle gefälligst warten.«

Der Eintritt ins Haus: »Wir betreten das großzügige Zuhause unseres Stars.« Oder bei der Jungle World: »Ein Schlüssel fliegt auf den betonierten Boden des Hinterhofs, mit ihm ist der Fahrstuhl zu öffnen, und man kann in den vierten Stock fahren.«

Das Innere des Hauses: »Sofort fällt dem Besucher die geschmackvolle Einrichtung ins Auge.« Nicht viel anders bei uns: »Der Besucher stolpert beinah ins Lagerregal, über die kaputten Bürostühle oder den zierlichen Altpapiercontainer.«

Noch mehr Hausinneres: »Der Hausherr / die Dame des Hauses führt den Besucher ins Schmuckstück, das Wohnzimmer.« Bei uns: »Die wohlriechende Atmosphäre des Großraumbüros betört den Gast.«

Das Gespräch mit dem Besuchten: »Man reicht Kaffee aus feinem Geschirr.« Oder: »Du kannst dir da hinten Kaffee holen, ruft man dem Besucher zu, er ist aber mal wieder zu stark. Und Milch ist auch keine da.«

Das Gespräch rankt sich um künftige Projekte des Prominenten: »Mit leuchtenden Augen erzählt er / sie von der neuen CD oder den Erinnerungen, die ja bald auf den Markt kommen.« Bei der Jungle World ist es ähnlich: »Vom Kongress in München wird berichtet: Das Spiel ohne Grenzen findet vom 23. bis 25. Mai an der dortigen Uni statt. Ja, Redakteure werden da sein, heißt es, während ein Brötchen geschmatzt wird.«

Das Ende der Homestory: »Oh, jetzt ist es doch sehr spät geworden, erschrickt der Hausherr / die Dame des Hauses und führt uns zur schweren Eichentür. Wir treten in den Abend hinaus.« In dieser Redaktion liest sich das so: »Sorry, der Redaktionsschluss naht, und der ganze Schmodder muss noch verbraten werden.«

Eine Homestory zu schreiben, gehört eben zu den leichtesten journalistischen Übungen.