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Keine Gewalt

Italien. Außer einigen durchsichtigen Konstruktionen der Polizei hat nie etwas dafür gesprochen, dass die Demonstranten, die am Abend des 22. Juli 2001 in der Diaz-Schule in Genua zusammengeschlagen und festgenommen wurden, den Widerstand gegen die Staatsgewalt, der ihnen vorgeworfen wird, tatsächlich geleistet haben. Vergangene Woche kam auch die Genueser Untersuchungsrichterin Anna Ivaldi zu diesem Ergebnis und sprach alle nach dem Abschluss des G 8-Gipfels in der Schule festgenommenen Aktivisten von diesem Vorwurf frei. Nicht die Polizeiversion sei glaubhaft, sondern die bis ins Detail übereinstimmenden Berichte der Festgenommenen, wonach in der Schule, in der während des Gipfels das Internetforum Indymedia sowie eine Rechtshilfe und eine Erste-Hilfe-Station untergebracht waren, wehrlose Menschen angegriffen und brutal zusammengeknüppelt wurden. Mehr als 60 Personen wurden bei dem Polizeieinsatz zum Teil schwer verletzt, drei lagen tagelang im Koma. Die übrigen Anschuldigungen, die von der Beteiligung an den Krawallen bis zur Gründung einer kriminellen Vereinigung reichten, waren zuvor fallengelassen worden. Damit sind alle Ermittlungen gegen die Opfer der »chilenischen Nacht« eingestellt. Die Verfahren gegen verantwortliche Polizisten dauern noch an. Nach dem Freispruch im Prozess wegen des Mordes an Carlo Giuliani zeigen sich die Anwälte des Genoa Legal Forum allerdings pessimistisch, dass die Verfahren wegen der Vorgänge in der Diaz-Schule oder anderer Polizeiübergriffe während des Gipfels noch zu Verurteilungen führen könnten.

Klare Worte

Frankreich. Mit deutlichen Worten wandten sich 50 zum Teil prominente Muslime in Frankreich an die Öffentlichkeit. »Wir widersetzen uns jeder Kultur der Gewalt im Namen des Islam, der eine reaktionäre Mentalität offenbart«, heißt es in einem von Intellektuellen, Politikern, Unternehmern und Geistlichen veröffentlichten Aufruf. Zu den Unterzeichnern gehören der Mufti von Marseille, Soheib Bencheikh, die stellvertretende Bürgermeisterin von Lyon, Sabiha Ahmine, sowie der Philosoph und Schriftsteller Mezri Haddad. Das Kopftuch sei die »wahre Standarte des politischen Islamismus« und bedrohe die laizistische Ordnung des französischen Staates. Der Appell unterstützt die Regierung, die angekündigt hat, wegen der verfassungsmäßigen Trennung von Staat und Religion Kopftücher an Schulen zu verbieten, was auf den erbitterten Widerstand islamischer Fundamentalisten stößt. Die Unterzeichner fordern die »schweigende Mehrheit« der Muslime dazu auf, sich den Einschüchterungsversuchen der Islamisten zu widersetzen. Sich selbst betrachten sie als Avantgarde der etwa sechs Millionen Muslime in Frankreich, die die Republik, den Laizismus, den Bürgersinn und die Religionsfreiheit unnachgiebig verteidige.

Exzellenter Streik

Portugal. »Eure Exzellenz« ist nach wie vor eine gebräuchliche Formel, mit der portugiesische Studenten ihren Rektor anzusprechen haben. Die Umgangsformen haben sich in Portugal zwar konserviert wie in kaum einem anderen Land Europas. Aber in vielen anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ist die konservative Regierung in Lissabon durchaus auf der Höhe der Zeit und äußerst neoliberal. So hat Bildungsminister Pedro Lynce in der vergangene Woche einen Entwurf präsentiert, der unter anderem eine deutliche Erhöhung der Studiengebühren um maximal 770 Euro im Jahr vorsieht. Gleichzeitig möchte er den studentischen Einfluss an den Universitäten verringern. Bislang konnten die Studierenden eigene Vertreter in die Verwaltungsgremien schicken. Damit soll es nun vorbei sein.

Rektoren, Studenten wie auch das Hochschulpersonal haben sich gegen das neue Gesetz ausgesprochen. In der vergangenen Woche wurde die Universität von Coimbra bestreikt. Als sich einige Studenten an die Eingangstüren ketteten, war es jedoch mit dem Wohlwollen der Exzellenzen schon wieder vorbei. Der Rektor kritisierte die Proteste als »zu gewalttätig«. Für den 22. Mai haben die Hochschulen zu einem landesweiten Protest aufgerufen.

Das stinkt gewaltig

Tschechien. Um auf dem Gelände eines ehemaligen nationalsozialistischen Konzentrationslagers eine Schweinemastanlage zu errichten, braucht es schon eine große Portion Ignoranz. Kein Problem für das realsozialistische Regime in Tschechien, das an der Stelle, wo sich das KZ Lety befand, einen solchen Betrieb errichten ließ. Auch nach der Wende hat sich daran außer den Eigentumsverhältnissen nichts geändert. Wie Radio Prag berichtete, fand am Dienstag der vergangenen Woche an einem kleinen Denkmal in unmittelbarer Nähe die traditionelle Gedenkveranstaltung für die ermordeten Roma statt. In das Lager bei Pisek hatten die Nationalsozialisten vor allem Roma eingesperrt, von denen viele nach Auschwitz deportiert wurden. Cenek Ruzicka, der Vorsitzende des Ausschusses zur Entschädigung der Roma, forderte die Regierung auf, endlich ein würdiges Gedenken zu ermöglichen. »Dies ist uns leider unmöglich, weil hier diese Schweinefarm steht und sich der Gestank in der Umgebung verbreitet. In Hodonin bei Kunstat, wo sich ein ähnliches Lager für mährische Roma befand, steht ein Erholungszentrum, was auch absurd ist.« Man werde sich mit der Forderung beschäftigen, erklärten Regierungsvertreter lapidar.

Ausgezeichneter Einsatz

Vatikanstaat. Papst Johannes Paul II. darf sich künftig Johannes Paul der Große nennen. Am Tag vor seinem 83. Geburtstag wurde ihm der Ehrendoktortitel der römischen Universität La Sapienza verliehen, weswegen sich Karol Wojtyla einen weiteren Künstlernamen zulegen darf. Ausgezeichnet wurde er wegen seines »unermüdlichen Einsatzes für die Menschenrechte«.